Pressemitteilung

4 Mai 2023 Stuttgart, DE

US-Konzerne liegen bei Forschungsausgaben deutlich vor Firmen aus Europa und Asien

Stuttgart, 04.05.2023. Die innovativsten Top-Konzerne der Welt investieren stärker in ihre Zukunft: Die Forschungs- und Entwicklungsbudgets der 500 Unternehmen weltweit mit den höchsten F&E-Ausgaben stiegen 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent auf umgerechnet 889 Milliarden Euro.

Verwandte Themen Innovation Wachstum
  • F&E-Ausgaben steigen in Nordamerika deutlich stärker als in Asien und Europa
  • Unter den Top-F&E-Investoren sind immer mehr US-Firmen, Konzerne aus anderen Industrienationen fallen dagegen zurück
  • Europäische Auto- und Pharmakonzerne investieren überdurchschnittlich viel in Innovationen
  • EY-Geschäftsführer Ahlers: „Gerade deutsche Konzerne müssen ihren Premium-Anspruch immer wieder durch Innovationen untermauern.“

Die innovativsten Top-Konzerne der Welt investieren stärker in ihre Zukunft: Die Forschungs- und Entwicklungsbudgets der 500 Unternehmen weltweit mit den höchsten F&E-Ausgaben stiegen 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent auf umgerechnet 889 Milliarden Euro.

475 Milliarden Euro investierten die 164 Konzerne mit Sitz in den Vereinigten Staaten – ein Plus von 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dahinter folgen – mit deutlichem Abstand – Firmen aus Japan (87 Milliarden, plus sechs Prozent) und Deutschland. Die F&E-Ausgaben der 29 deutschen Top-Investoren, die sich im Ranking platzieren, kletterten im Jahr 2022 um elf Prozent und lagen bei 68 Milliarden Euro.

Unter den Top-Investoren weltweit finden sich zudem immer mehr US-Konzerne – und immer weniger europäische Unternehmen. So zeigt der Langzeitvergleich, dass seit dem Jahr 2018 die Zahl der US-Unternehmen im Top-500-Ranking von 140 auf 164 stieg, während der Anteil Europas von 142 auf 133 Unternehmen schrumpfte. Auch Asien verlor an Gewicht: Die Zahl der asiatischen Konzerne im Ranking ging von 213 auf 191 zurück.

Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, für die die weltweit 500 börsennotierten Unternehmen mit den größten F&E-Budgets untersucht wurden.

Henrik Ahlers, Vorsitzender der Geschäftsführung bei EY: „Die technologische Leistungsfähigkeit und Innovationskraft von Unternehmen ist ein klarer Indikator für die heutige und zukünftige Wettbewerbsfähigkeit. Firmen aus Deutschland stehen auf den ersten Blick international nicht schlecht da. Der Wettlauf ist allerdings im vollen Gange – und Firmen aus Europa und damit auch aus Deutschland drohen den Anschluss an die von den USA dominierte Weltspitze zu verlieren.“

Ein Drittel der Top-F&E-Investoren mit Sitz in den USA – sechs Prozent kommen aus Deutschland

Dies zeigen die nackten Zahlen: 164 der 500 analysierten Unternehmen kommen aus den USA, dahinter folgen Firmen aus Japan (98) und China (38). Deutschland liegt mit 29 Konzernen auf Rang vier. Damit sitzt ein Drittel der Unternehmen mit den weltweit höchsten F&E-Ausgaben in den Vereinigten Staaten, Deutschland stellt sechs Prozent der Top-Investoren.

Ahlers: „Der Wirtschaftsstandort Deutschland steht unter Druck wie wahrscheinlich noch nie zuvor in seiner Geschichte. Hohe Energie- und Produktionskosten, schwierig zu beschaffende Rohstoffe mit unsicheren Lieferketten und erhebliche geopolitische Spannungen sind eine herausfordernde Mischung – vor allem für eine Exportnation wie Deutschland. Gerade vor diesem Hintergrund ist es so wichtig, dass deutsche Unternehmen ihrem Premiumanspruch immer wieder neu gerecht werden und bei Innovationen weltweit führend sind. Schon seit einigen Jahren aber sehen wir, dass es eher US-Unternehmen sind, die massiv in Innovation investieren.“

Sieben US-Unternehmen in den Top 10 – Technologiekonzerne an der Spitze

Sieben Unternehmen in den weltweiten Top Ten der Unternehmen mit den höchsten Innovationsausgaben sitzen in den Vereinigten Staaten, sechs von ihnen sind Digitalkonzerne. Amazon hatte 2022 das größte Innovationsbudget – umgerechnet knapp 70 Milliarden Euro* (plus 31 Prozent). Auf dem zweiten Platz folgt die Google-Muttergesellschaft Alphabet mit Entwicklungsausgaben von 38 Milliarden Euro (plus 25 Prozent), vor Meta Platforms (u.a. Facebook, WhatsApp und Instagram) mit 34 Milliarden Euro an Forschungs- und Entwicklungsausgaben (plus 43 Prozent).

Auch die digitalen Pioniere Apple (25 Milliarden, plus 20 Prozent), Microsoft (23 Milliarden Euro, plus 18 Prozent), Samsung Electronics (18 Milliarden, plus zehn Prozent) und Intel (17 Milliarden Euro, plus 15 Prozent) investierten überdurchschnittlich stark in ihre Zukunft.

Zwei europäische Unternehmen belegen ebenfalls Platzierungen in den Top Ten: Roche aus der Schweiz liegt auf Platz acht (16 Milliarden Euro, plus acht Prozent), Volkswagen auf Rang neun (14 Milliarden Euro, plus zwölf Prozent). Dahinter folgt der US-Pharmakonzern Johnson&Johnson (14 Milliarden Euro, minus ein Prozent) – das einzige Unternehmen der Top Ten, bei dem die Innovationsausgaben sanken.

Ahlers: „Sieben Unternehmen aus den USA, nur zwei aus Europa und eines aus Asien – geht es um den Faktor Innovation, sind die Top-Technologiekonzerne offenbar das Maß der Dinge. Es ist allerdings nicht so, dass alle Firmen aus den Vereinigten Staaten per se mehr Geld für Forschung ausgeben.“ Im Gegenteil: Die europäischen Pharma-Unternehmen investieren im Durchschnitt mit 17,4 Prozent einen höheren Umsatzanteil in F&E als die US-Unternehmen, bei denen die sogenannte F&E-Intensität nur bei 14,9 Prozent liegt. Und auch bei den europäischen Automobilunternehmen liegt die F&E-Intensität mit 5,9 Prozent höher als bei den US-Wettbewerbern (3,6 Prozent).

Im Vergleich zu Europa gibt es aber in den USA einen völlig anderen wirtschaftlichen Branchenmix. So lassen sich in Europa 17 Prozent der Unternehmen, die es ins Top 500-Ranking schaffen, dem forschungsintensiven Technologiesektor (einschließlich E-Commerce) zuordnen, während in den USA der Anteil mit 35 Prozent mehr als doppelt so hoch ist. Gleichzeitig sind in Europa klassische Industriebranchen wie Autoindustrie, Maschinen- und Anlagenbau mit einem Anteil von 47 Prozent deutlich stärker gewichtet als in den USA, wo ihr Anteil nur bei 30 Prozent liegt. Die F&E-Intensität liegt bei Industrieunternehmen generell deutlich niedriger als bei Technologiekonzernen.

Der spezifische Branchenmix könnte sich in den kommenden Jahren als gravierender Nachteil für die europäische Wirtschaft erweisen, fürchtet Ahlers: „Die Herausforderungen einer immer digitaleren Welt machen vor keiner Branche und keinem Unternehmen halt. Alle Branchen müssen sich mit der Digitalisierung und technologischen Umbrüchen beschäftigen und hier kräftig investieren. Wer diese Investitionen vernachlässigt oder es verpasst, auf die richtigen Trends zu setzen, den bestraft der Markt.“

Deutsche Unternehmen liegen unter dem weltweiten Schnitt der F&E-Quote

Im vergangenen Jahr stiegen die Umsätze der analysierten Unternehmen um 16 Prozent, der operative Gewinn legte um 15 Prozent zu – die F&E-Ausgaben konnten mit einem Wachstum von 14 Prozent nicht ganz Schritt halten. Die F&E-Quote der Top-500-Unternehmen ging 2022 im Vergleich zum Vorjahr daher minimal zurück und lag bei 6,1 Prozent. Bei Konzernen mit Sitz in den Vereinigten Staaten lag der durchschnittliche Anteil der F&E-Ausgaben am Umsatz bei 8,1 Prozent – deutlich über dem weltweiten Mittelwert. Auch Firmen aus den Niederlanden (7,6 Prozent) und der Schweiz (6,8 Prozent) investieren überdurchschnittlich in Forschung und Entwicklung.

Deutschland belegt mit 5,4 Prozent Rang fünf. Gegenüber dem Vorjahr sank der Wert leicht (0,2 Prozent) und liegt unter dem weltweiten Durchschnitt. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass sich diese Ergebnisse auf die 29 deutschen Unternehmen im Ranking bezieht – nicht auf alle börsennotierten deutschen Unternehmen und vor allem nicht auf mittelständische Unternehmen, betont Ahlers: „Wir haben in Deutschland einen zum Teil sehr innovativen Mittelstand – Unternehmen, die langfristig planen und hohe Summen in Produktinnovationen investieren.“

Große Forschungsausgaben, hohe Margen

In zahlreichen Branchen ist ein deutlicher Zusammenhang von einer hohen Intensität bei Forschung und Entwicklung auf der einen und einem hohen Gewinn auf der anderen Seite zu beobachten. Beispiel Informationstechnologie: In dieser Branche liegt die EBIT-Marge bei überdurchschnittlich stark investierenden Unternehmen bei 21,6 Prozent. Bei den IT-Firmen, die relativ wenig Geld in die eigene Entwicklung stecken, liegt sie hingegen nur bei 11,9 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigt sich im Bereich Medizintechnik (21,2 Prozent gegenüber 13,1 Prozent) und E-Commerce (9,6 Prozent gegenüber -0,1 Prozent).

Ahlers: „Aktuelle F&E-Investitionen brauchen je nach Branche mitunter Jahre, um sich niederzuschlagen, und sie sind zudem keine Garantie für dauerhaften Markterfolg und Innovationskraft. Doch die Zahlen zeigen: Erfolgreiche Unternehmen investieren in Forschung und Entwicklung. Firmen, die dies nicht können oder nicht wollen, dürfen auch keine großen Durchbrüche am Markt erwarten. Im Gegenteil, sie drohen gegenüber der Konkurrenz ins Hintertreffen zu geraten.“

 

*Amazon macht keine Angaben zum Posten „Ausgaben für Forschung und Entwicklung“. Als Annäherung werden hier die Zahlen zu Ausgaben für „technology and content“ verwendet, die allerdings höher ausfallen als die tatsächlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung.“  

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