- Deutscher Fahrradmarkt mit überdurchschnittlich starkem Umsatzrückgang in 2024: minus zehn Prozent auf 6,3 Milliarden Euro
- Europaweit Umsatzrückgang um sechs Prozent auf 18,1 Milliarden Euro.
- Deutschland bleibt aber mit Abstand größter Absatzmarkt in Europa
- Absatz mechanischer Fahrräder sinkt europaweit um vier Prozent, in Deutschland um fünf Prozent
Trendwende auf dem E-Bike-Markt: Nach deutlichen Preisanstiegen in den Vorjahren sank der Durchschnittspreis eines verkauften E-Bikes in Deutschland im vergangenen Jahr erstmals – und zwar deutlich: um zehn Prozent auf 2.650 Euro. Gründe für den aus Kundensicht erfreulichen Preisrückgang waren die geringere Nachfrage, die aktive Reduzierung der Lagerbestände und eine leichte Verschiebung der Vertriebskanäle weg vom stationären Handel hin zu Online-Plattformen und Direct-to-Consumer-Spezialisten.
Die Zahl der verkauften E-Bikes schrumpfte zudem im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr um zwei Prozent auf 2,0 Millionen, der damit erwirtschaftete Umsatz ging sogar um 12 Prozent auf 5,4 Milliarden Euro zurück.
Auch der Absatz mechanischer Fahrräder sank – um fünf Prozent auf 1,8 Millionen. Wie schon im Vorjahr wurden damit 2024 in Deutschland erneut mehr E-Bikes als mechanische Fahrräder verkauft.
Europaweit bleibt der deutsche Fahrradmarkt trotz des Rückgangs der mit Abstand größte Absatzmarkt: Mit einem Gesamtvolumen von 6,3 Milliarden Euro – zehn Prozent weniger als im Vorjahr –, lag der Umsatz in Deutschland deutlich höher als in Italien, dem zweitgrößten Markt (2,6 Milliarden Euro, Umsatz auf Vorjahresniveau) und Frankreich (2,0 Milliarden Euro, minus acht Prozent). Bis auf Italien verzeichneten alle analysierten europäischen Kernmärkte im vergangenen Jahr Umsatzeinbußen. Insgesamt schrumpfte der europaweit erwirtschaftete Umsatz der Fahrradbranche um sechs Prozent auf 18,1 Milliarden Euro.
Vor allem im E-Bike-Segment liegt Deutschland weit vor den anderen europäischen Ländern: 86 Prozent des in Deutschland mit dem Verkauf von Fahrrädern erwirtschafteten Umsatzes entfällt auf E-Bikes, in Österreich liegt der Anteil bei 77 Prozent, in den Niederlanden bei 72 Prozent. In Spanien hingegen erwirtschaftet das E-Bike Segment nur 39 Prozent des Branchenumsatzes, 18 Prozent aller in Spanien verkauften Fahrräder sind E-Bikes, in Deutschland sind es 54 Prozent.
Das sind Ergebnisse einer Studie von EY-Parthenon, der Strategie- und Transaktionsberatung von EY.
„Die deutsche Fahrradbranche musste im vergangenen Jahr erneut schmerzhafte Umsatzeinbußen hinnehmen“, sagt Dr. Stefan Mohr, Partner und in der Region Europe West verantwortlich für das Sportbusiness bei EY. „Allerdings sollten die Rückgänge der vergangenen beiden Jahre vor dem Hintergrund des Booms der Vorjahre gesehen werden: So lag der Branchenumsatz im vergangenen Jahr immerhin noch 58 Prozent höher als im Vor-Corona-Jahr 2019. Und der Umsatz mit E-Bikes war sogar fast doppelt so hoch wie 2019.
Mohr ergänzt allerdings: „Viele Händler hatten sich auf einen anhaltenden Boom eingestellt und wurden vom Nachfragerückgang auf dem falschen Fuß erwischt. Die hohen Lagerbestände sind ein Problem – das aber von der Branche angegangen wird. Der Lagerbestand schrumpfte von 1,5 Millionen Fahrrädern im Jahr 2023 auf 0,8 Millionen im Jahr 2024. Für das Jahr 2025 rechnen wir mit einem weiteren Rückgang des Lagerbestands um zehn bis zwanzig Prozent. Die Branche ist also auf dem richtigen Weg, die Lagerbestände zu reduzieren, um über stabilere Preise ihre Profitabilität wieder zu steigern.“
Dazu gehöre allerdings ein Ausleseprozess, so Constantin M. Gall, Managing Partner und Leiter Mobility bei EY für die Region Europe West: „Zum einen sehen wir immer wieder Insolvenzen von Fahrradherstellern, zum anderen hält der europaweite Konsolidierungstrend in der Branche an.“ Im Jahr 2024 wurden in Europa 22 Fusionen und Übernahmen von Branchenunternehmen gezählt, im Jahr vorher waren es 24. „Die Fahrradindustrie durchläuft eine Phase der Professionalisierung, was auch die zunehmende Elektrifizierung und die Neuausrichtung von Lieferketten umfasst“, sagt Gall. „In den kommenden Jahren dürften sich auch Private-Equity-Firmen wieder stärker engagieren, was zu einer neuen Welle der strategischen Konsolidierung führen dürfte. Gleichzeitig könnte es auch wieder zu Verkäufen der während der Pandemie zugekauften Portfolio-Unternehmen kommen.“
Gall rechnet mit einer Rückkehr des Marktes auf einen Wachstumskurs: „Der Markt wird sich erholen, das Interesse an E-Bikes bleibt hoch – die aktuell rückläufigen Absatzzahlen haben viel mit dem Corona-Boom zu tun, als sehr viele Menschen das E-Bike für sich entdeckten und sich erstmals ein E-Bike kauften. Dieser Sondereffekt wird mit der Zeit weniger relevant, es wird Ersatzbedarf geben, ohnehin geht der Trend in Richtung E-Mobilität. Europaweit und mittelfristig haben wir es mit einem Wachstumsmarkt zu tun, wir rechnen bis 2030 mit einem Umsatzwachstum von aktuell 18,1 Milliarden Euro auf dann 22,0 Milliarden Euro.“
Abwärtstrend bei mechanischen Fahrrädern verlangsamt
Nachdem die Zahl der in Deutschland verkauften mechanischen Fahrräder im Jahr 2023 noch um 21 Prozent geschrumpft war, verlangsamte sich der Rückgang im Jahr 2024 auf minus fünf Prozent – insgesamt fanden in Deutschland 1,8 Millionen mechanische Fahrräder einen Käufer. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 lag der Absatz mechanischer Fahrräder noch bei 3,1 Millionen. Die durchschnittlichen Verkaufspreise stiegen sogar im Vergleich zum Vorjahr: um sechs Prozent auf 500 Euro. „Klassische mechanische Fahrräder spielen beim Gesamtumsatz der Branche inzwischen nur noch eine untergeordnete Rolle“, beobachtet Mohr. „Aber sie finden weiterhin ihre Abnehmer – auch dank der wachsenden Beliebtheit von Gravelbikes und einer steigenden Nachfrage nach hochwertigen mechanischen Fahrrädern, insbesondere Rennrädern.“