5 Minuten Lesezeit 17 März 2020
Männer vor einer Planungswand

Private Equity: In drei Schritten zum profitablen Unternehmenskauf

Von Sandra Krusch

Leiterin Private Equity Europe West, EY Strategy & Transactions GmbH | Deutschland

Private-Equity-Enthusiast. Starke Unterstützerin von Teamarbeit. Fördert die Integration neuer Technologien in die Transaktionsberatung. Findet Motivation und Energie in der Familie, mit Freunden und

5 Minuten Lesezeit 17 März 2020

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Stoßen Firmen Geschäftsteile ab, bietet das Finanzinvestoren lukrative Einstiegsoptionen. Vorausgesetzt, sie umschiffen die Klippen.

Getrieben von einer Reihe milliardenschwerer Übernahmen haben Finanzinvestoren in Deutschland 2019 so viel investiert wie lange nicht. Während die Zahl der Übernahmen stabil blieb, deuten die stark gestiegenen Verkäufe durch Private-Equity-Häuser in der zweiten Jahreshälfte 2019 auf eine Dynamik hin, die sich im laufenden Jahr fortsetzen dürfte. Viele Unternehmen planen, in den kommenden Monaten aus strategischen Gründen Geschäftsteile abzustoßen.

2019 im Zeichen der Mega-Deals

Von Dezember 2018 bis Dezember 2019 haben Finanzinvestoren deutschlandweit 225 Unternehmen und Geschäftsteile für mehr als 32 Milliarden Euro übernommen. Damit haben Private-Equity-Häuser im vergangenen Jahr so viel Geld für Übernahmen ausgegeben wie lange nicht. Bevorzugt Branchen waren Chemie, Industrie und IT, zunehmend auch Infrastruktur. Vor allem in der zweiten Jahreshälfte 2019 haben strategische Investoren zudem die Chancen am Markt für einen lukrativen Ausstieg genutzt.

Ausblick 2020: Verkaufswillige Unternehmen und willkommene Investoren

Vieles spricht dafür, dass sich die Dynamik aus der zweiten Jahreshälfte 2019 auch in diesem Jahr fortsetzt. Auf der einen Seite stehen verkaufswillige Unternehmen. Einer Umfrage von EY zufolge planen 84 Prozent, sich in den kommenden zwei Jahren von Geschäftsteilen zu trennen. Vor allem in Branchen wie Computer-Software, IT, Industrie, Chemie und Life Sciences beobachten wir eine anhaltend hohe Zahl von Verkäufen. Große Unternehmen haben bereits Bereiche ins Schaufenster gestellt. Der Grund für die Trennung ist jedoch nicht finanzielle Not. Hinter den meisten Verkäufen stehen strategische Überlegungen: das Unternehmen neu ausrichten, sich von Randbereichen trennen oder in bestimmten Regionen besser aufstellen.

EY-Umfrage

84%

der Unternehmen wollen sich in den kommenden zwei Jahren von Geschäftsteilen trennen.

Diese verkaufswilligen Unternehmen treffen auf Private-Equity-Häuser mit prall gefüllten Taschen. Deren Anlagedruck ist hoch. Der stetig wachsende Geldzufluss muss eher früher als später in Investitionen gelenkt werden. Stärker als noch vor ein paar Jahren schauen Finanzinvestoren auf das Potenzial der Kaufobjekte, künftig an Wert zuzulegen. Längst haben sie sich vom Investor im Hintergrund zum aktiven Partner gewandelt.

Eine weitere Fügung spricht für ein an Übernahmen nicht armes Jahr 2020: Private-Equity-Unternehmen sind willkommene Investoren. Verkäufer schätzen die Schnelligkeit, mit der Finanzinvestoren Übernahmen abschließen, die vergleichsweise geringen Kosten und den akzeptablen Kaufpreis.

Risiken von Carve-outs für Private-Equity-Investoren

Private-Equity-Investoren sehen sich beim Kauf von Unternehmensteilen zwei Risiken ausgesetzt: zu viel bezahlt oder zu wenig erreicht. Beim sogenannten Transaction Gap werden die Käufer vom Konkurrenzdruck eingeholt oder haben zugegriffen, obwohl der wahre Wert des Kaufobjektes unter dem Preis lag. Beim Performance Gap rächen sich eine mangelnde Vision und Strategie für die vormalige Geschäftseinheit als nun eigenständiges Unternehmen. Wer den Schwung aus der Übernahme verliert, die Kräfte nicht mobilisiert kriegt oder sich zu sehr auf kurzfristige Effekte statt langfristiges Wachstum konzentriert, erreicht weniger als er sich vorgenommen hat.

Private-Equity-Häuser sind willkommene Investoren. Verkäufer schätzen Schnelligkeit, geringe Kosten und akzeptable Kaufpreise.

Wie ein Carve-out für Private Equity-Investoren zum Erfolg wird

Finanzinvestoren, die eine Tochtergesellschaft oder eine Firmensparte kaufen wollen, sollten diesen Schritt sorgfältig vorbereiten. Gerade wenn Mutter- und Tochterunternehmen eng miteinander verbunden waren, muss gewährleistet sein, dass die Tochter eigenständig agieren kann. Mit diesen drei Schritten wird ein Carve-out für Private-Equity-Investoren zum Erfolg.

  1. Genau wissen, was man kauft
    Es ist eine Binsenweisheit, dass man genau wissen sollte, was man kauft. Doch der Teufel steckt im Detail. Tochterfirmen oder einzelne Unternehmenssparten unterhalten häufig enge und komplexe Geschäftsbeziehungen zum Mutterhaus. In der Regel liegen keine separaten Finanzkennzahlen für den zu verkaufenden Bereich vor. Diese müssen erst mühsam aus den bestehenden Daten extrahiert werden. Ähnlich kompliziert verhält es sich mit den Planwerten, zumal Firmen oft wenig Erfahrung damit haben.
    Ein potenzieller Käufer darf sich daher nicht auf die Angaben des Verkäufers verlassen, sondern muss sich selbst einen Überblick über rechtliche Einheiten, Vermögenswerte, IT-Services, Mitarbeiter und Einrichtungen, Verträge und sonstige Verpflichtungen sowie Steuerfragen verschaffen. Dabei werden Abhängigkeiten und mögliche Schwierigkeiten deutlich, die sich auf den Kaufpreis auswirken können.

  2. Kenne die Kosten
    In verflochtenen Unternehmen existiert eine komplexe Kostenstruktur. Neben Software-Lizenzen und Leasingverträgen, die vielleicht bislang von der Muttergesellschaft übernommen wurden, lauern versteckte Kosten in Abfindungsregelungen oder Personalausgaben. Hinzu kommen einmalige Kosten des Verkaufs wie eine Umsiedlung des Betriebs an einen neuen Standort, die Umbenennung und der Aufbau eines neuen Markennamens, eine eigenständige IT-Infrastruktur oder der Aufbau eigenständiger Unternehmensbereiche wie Personal, Buchhaltung und juristische Abteilung.

  3. Vorbereitet für den Neustart
    Steht das Geschäftsmodell fest und sind alle Kosten berücksichtigt, ist die Basis für den Kauf gelegt. Ob die ausgegliederte Firma bereits eigenständig arbeiten kann und der Übergang reibungslos verläuft, wird im sogenannten Day 1 Readiness Assessment beurteilt. Hier stehen drei Optionen zur Wahl – alle bieten Vor- und Nachteile.

Transitional Service Agreements (TSA)

Damit der Geschäftsbetrieb ungestört weiterlaufen kann, erhält der ausgegliederte Bereich in der Übergangsphase meist noch Unterstützung durch die Muttergesellschaft. Dieser Service wird durch sogenannte Transitional Service Agreements (TSA) zwischen Käufer und Verkäufer geregelt. Erst nach der Abspaltung arbeitet das neue Unternehmen an eigenen Lösungen, um unabhängig zu werden. TSA sind eine personal- und kostensparende Lösung. Vorausgesetzt, der genaue Umfang, die Dauer und die Abrechnungsmodalitäten der Dienstleistungen sind im Vorhinein festgelegt. Das herausgelöste Unternehmen bleibt auch nach dem Kauf für eine gewisse Zeit auf die einstige Muttergesellschaft angewiesen.

Carve-out-Plattform

Eine Carve-out-Plattform ist ein strukturierter Ansatz, schon während des Verkaufsprozesses eine eigenständige Geschäftseinheit zu formen, indem die komplette IT und andere Back-Office-Prozesse an externe Dienstleister ausgegliedert werden. So kann sich der Käufer komplett auf das eigene Geschäft konzentrieren und schnelle Veränderungen umsetzen. Eine Carve-out-Plattform ist im Vergleich zu Transitional Service Agreements teurer in der Umsetzung. Zudem ist das herausgelöste Unternehmen abhängig von externen Dienstleistern und muss sich eventuell mit einem niedrigeren Serviceniveau zufriedengeben.

Fully stand-alone set-up

Dieser Ansatz könnte auch als kompletter Neustart bezeichnet werden. Alle Systeme und Prozesse werden neu aufgesetzt und speziell für die Bedürfnisse des Geschäfts angepasst. Es gibt keine Abhängigkeiten von der einstigen Muttergesellschaft oder externen Dienstleistern. Beim unabhängigen Neustart lassen sich die Ziele am schnellsten umsetzen. Allerdings ist dies auch der komplexeste und am Anfang teuerste Weg in die Selbständigkeit.

Fazit

2019 war das Jahr der Mega-Deals, das von einer ganzen Reihe milliardenschwerer Deals geprägt war. Da die Mehrzahl der Unternehmen plant, in den kommenden Monaten aus strategischen Gründen Geschäftsteile abzustoßen, dürfte sich die Dynamik im laufenden Jahr fortsetzen. Finanzinvestoren bieten sich daher lukrative Einstiegsoptionen. Vorausgesetzt, sie wissen genau, was sie kaufen, kennen die Kosten und sind für einen Neustart vorbereitet.

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Von Sandra Krusch

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