Mit der Elektromobilität kommt eine weitere Variable hinzu, die bedacht werden muss.
Rolf Buch: Früher oder später wird fast jeder eine persönliche Ladesäule benötigen. Oder es muss wenigstens eine Ladesäule für jeden Haushalt vorhanden sein, besser noch eine zusätzliche weitere im Bürogebäude. Das stellt uns aus immobilienwirtschaftlicher Sicht vor immense Herausforderungen: Tiefgaragen zu versichern wird durch die massive Brandlast schier unmöglich. Im Bestand reichen die vorhandenen Kabel schlicht nicht aus. Also müssen ganze Gebäude aufgerissen und neu verkabelt werden – inklusive der Zuwege mit Gärten und Garagen. Das bedeutet enorme Kosten, die sich so schnell nicht amortisieren. Auch die Anschlüsse vom Netzversorger sind fast prohibitiv teuer.
Die Elektrifizierung des Verkehrs ist aus Ihrer Sicht also nicht wirtschaftlich?
Rolf Buch: Das Bild wandelt sich enorm, wenn die Energie im eigenen Quartier produziert wird. Das sich selbst mit Energie versorgende Quartier ergibt mit Elektromobilität sogar noch mehr Sinn. Denn mit bidirektionaler Ladung lassen sich Elektroautos ja auch als Energiespeicher verwenden. Und die wichtigste Triebfeder ist dabei nicht allein das Geld, sondern das Ziel des energieneutralen Gebäudes, auf das die Elektromobilität dann zusätzlich einzahlt. In einem übergeordneten Siedlungszusammenhang ist das also durchaus sinnvoll – auch und gerade aus immobilienwirtschaftlicher Sicht.
Gefährdet die aktuelle Regulierung durch die strengen Vorgaben Ihr Geschäftsmodell?
Rolf Buch: Alles, was in Europa regulatorisch passiert, wird eine Reduktion der CO2-Emissionen geradezu erzwingen. Die Regulatorik entfaltet einen enormen Druck. Bildlich gesprochen: Der Zug ist aus dem Bahnhof und es geht nur noch darum, wie wir die daraus folgenden Regeln und Ziele für 2030 und 2050 umsetzen. Wir haben uns bewusst dazu bekannt und sehen unser Geschäftsmodell dadurch nicht gefährdet. Im Gegenteil: Unsere Investoren, die ja teils selbst aus dem öffentlichen Bereich kommen, können und wollen sich davon selbst gar nicht freimachen und erwarten das so auch von uns.
Wenn Sie einen Wunsch an die Energiewirtschaft frei hätten, welcher wäre das?
Rolf Buch: Wir sollten uns alle gemeinsam an einen Tisch setzen und uns über ein Zielbild für die Welt nach der Energiewende verständigen. Also nicht das Feld verteilen, sondern erst einmal eruieren, wo wir überhaupt hinwollen. Aktuell befinden wir uns leider noch in einer Art Gefangenendilemma: Kurzfristige Probleme werden aus Einzelinteressen „weglobbyiert“ und erweisen sich als Bärendienst für größere wirtschaftliche Zusammenhänge. So ist die Problematik beim Mieterstrom aus meiner Sicht ein reines Lobbyproblem. Zudem sollten wir auch andere wichtige Sektoren mitnehmen. Geht es etwa um den Megatrend Digitalisierung, muss auch der Telekommunikationssektor eine wichtige Rolle spielen. Wenn wir uns auf ein gemeinsames Zielbild verständigt haben, dann erwachsen daraus die verschiedensten Modelle der Zusammenarbeit, die wir von Fall zu Fall gestalten und lösen können.