7 Minuten Lesezeit 10 April 2019
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So schöpfen Sie mit Betriebsmodellen mehr Wert aus Desinvestitionen

Von Paul Hammes

EY Global Transaction Diligence and Divestiture Advisory Services Leader

Leader in transformational global divestitures. Catalyst for profitable growth. Innovator. Value driver. Passionate about diversity in business. Husband. Father.

7 Minuten Lesezeit 10 April 2019

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Sie möchten ein zielgerichtetes, maßgeschneidertes Betriebsmodell aufbauen? Schon eine relativ kleine Anfangsinvestition hilft, mehr Wert bei Ihrer Desinvestition zu generieren.

Veräußerungen sind ein wichtiger Spielzug der Unternehmenstaktik. Sie ermöglichen es, verzichtbare Assets abzubauen und in Kapital für ein stärkeres, künftiges Wachstum zu verwandeln. Ein unterschätzter Schachzug zur Steigerung des Desinvestitionswerts? Optimieren Sie das Ziel-Betriebsmodell.

Durch Entwicklung eines auf das Zielgeschäft zugeschnittenen Geschäftsmodells können Unternehmen ihre Fähigkeiten und ihren Wert aufzeigen. So sind Käufer wiederum besser in der Lage zu visualisieren (und zu quantifizieren), welches Potenzial für die künftige Entwicklung vorhanden ist und wie dieses in ihre Strategie passt.

Die Erfahrung zeigt: Schon vergleichsweise kleine Investitionen in die Definition und Optimierung des Ziel-Betriebsmodells sorgen für einen erheblichen Wertzuwachs. Und sie sind Grundlage für die Entwicklung von Plänen zur operativen Trennung.

Was ist ein Betriebsmodell?

Betriebsmodelle schaffen den Rahmen für die Beschreibung, wie ein Zielunternehmen heute und künftig arbeitet. Es ist eine Momentaufnahme der Schlüsselfähigkeiten Ihres Unternehmens und davon, wie diese organisiert sind (oder sein könnten), um strategische Ziele zu erreichen. Genauer gesagt: Das Modell liefert Erkenntnisse über die Menschen, die Organisation und Prozesse, die Technologie und andere Komponenten, die Ihr Unternehmen ausmachen.

Für gewöhnlich werden Geschäftsmodelle grafisch dargestellt und bieten so ein leicht verdauliches Bild über die Vorgänge des Zielgeschäfts zu einem bestimmten Zeitpunkt. Sie können den aktuellen Stand des Geschäfts, Tag eins (wie es nach Dealabschluss aussehen würde) oder den gewünschten künftigen Stand abbilden. Um einen Desinvestitionswert zu schaffen, sind die beiden letzten Modelle am wichtigsten.

Das Modell ist beim Verkauf die zentrale Informationsquelle – denn es schafft nicht nur Klarheit über die Geschäftsabläufe. Die weiteren Vorteile:

  • Es ermöglicht Ihnen, den Transaktionsumfang mühelos zu variieren. Nehmen Sie beispielsweise Assets hinzu oder weg, um das Zielunternehmen für den Käufer attraktiver zu machen.
  • Es informiert über erforderliche Transition Service Agreements (TSA), einmalige Kosten und den Ausgleich verlorener Kosten. Das alles beeinflusst das Transaktionsmodell für Sie, den Käufer oder beide.
  • Es ist die wichtigste Einflussgröße für die Modellierung der nicht subventionierten Kosten und damit für die Wirtschaftlichkeit der Transaktion, passt sich diesen Kosten aber auch an.
  • Es bildet die Grundlage für Ihre Trennungspläne und die Integrationspläne des Käufers. Beide werden durch ein gut durchdachtes Modell deutlich beschleunigt.
  • Es bietet eine umfassende Bewertung potenzieller verlorener Kosten.

Steigerung des Verkaufswerts

Oft gibt es eine Preisdifferenz von mehr als 10 Prozent zwischen Ihrer Erwartung und dem Käuferangebot[1]. Das Betriebsmodell hilft Ihnen, zusätzliche Werte zu erkennen und dem Käufer zu verdeutlichen – und das auf viele Weisen:

  • Der offensichtlichste Weg zur Wertsteigerung? Den Verkaufspreis erhöhen. Wird ein optimiertes Stand-alone-Unternehmen anhand des Betriebsmodells bewertet, kann das Verkaufsmodell auf der optimierten (also profitableren) Version des Geschäfts basieren statt auf der derzeit existierenden. Vor kurzem haben wir mit einem Kunden bei einer Transaktion ein effektives Betriebsmodell entwickelt. Idee war es, die nicht subventionierten Kosten zu senken und das Ziel-EBITDA um 40 Mio. Dollar zu erhöhen. Das Ergebnis: eine Steigerung des Transaktionswerts um 250 Mio. Dollar, nachdem der Transaktionsmultiplikator angewendet wurde. Der Erlös: 4,2 Mrd. Dollar. Sie möchten wissen, was in Ihrem Fall die richtigen Investitionen sind? Ein Kosten-Nutzen-Modell hilft, denn es verknüpft Optimierungen des Geschäfts mit Wertzuwächsen.
  • Reduktion der einmaligen und verlorenen Kosten: Bei einer Veräußerung treten wertvernichtende Kosten auf. Betriebsmodellanalysen können sie drücken. Bei der oben erwähnten Transaktion konnten wir mit unserem Kunden die Einmalkosten um 100 Mio. Dollar senken. Nötig war nur ein strafferes Betriebsmodell für einfachere IT-Anforderungen.
  • Reduktion des Käuferrisikos: Das Betriebsmodell gibt Ihnen Einblicke in die Abläufe des Zielunternehmens – mehr, als es mit der üblichen finanziellen Diligence allein möglich wäre. Risiken sinken, der Wert steigt fast automatisch. Sie können beispielsweise auch die Glaubwürdigkeit des Führungsteams im Zielunternehmen stärken. Segnen die Führungskräfte das Betriebsmodell ab, treten sie bei Gesprächen mit dem Käufer eher als geschlossenes, gut vorbereitetes Team auf.
  • Beschleunigen Sie den Abschluss: Zeit ist Geld – und eine gute Vorbereitung des Ziel-Betriebsmodells sorgt für Dividenden. Präsentieren Sie dem Käufer ein gut ausgearbeitetes Betriebsmodell, können die Verhandlungen Fahrt aufnehmen – die Zeit zwischen Unterzeichnung und Übernahme wird kürzer.

So machen Sie den Anfang

Betriebsmodelle sollten zu Beginn des Desinvestment-Prozesses entwickelt und bei allmählich kleiner werdendem Interessentenkreis weiter ausgearbeitet werden. Daten innerhalb oder außerhalb Ihres Unternehmens sind eine solide Grundlage bei der Gestaltung des Betriebsmodells für Ihr Transaktionsobjekt. Aus Organigrammen, Richtlinien und Prozessdokumentationen lassen sich die Fähigkeiten von Unternehmen, Mitarbeitern, Systemen, Assets usw. ableiten, auf denen das Betriebsmodell des Ist-Zustands beruht.

Auf dieser Basis sollte das Betriebsmodell so zugeschnitten werden, dass es bei den Kosten wettbewerbsfähig ist, den Zweck des Zielunternehmens erfüllt sowie an die Strategie und Bedürfnisse eines spezifischen Käufers angepasst ist. Private-Equity-Gesellschaften (PEs) haben beim Kauf beispielsweise häufig andere Prioritäten als Konzerne. In jedem Fall helfen die folgenden Richtlinien Ihnen, das Betriebsmodell des abzustoßenden Unternehmens zu optimieren.

Natürlich zielen einige PE-Käufer darauf ab, das Zielunternehmen in ein anderes Unternehmen ihres Portfolios zu integrieren. Bei manchen Konzernen wiederum bleibt das Zielunternehmen eigenständig. Für Sie wichtig: das Transaktionsmotiv jedes potenziellen Käufers zu verstehen. Sobald Sie die Bedürfnisse des Käufers erspüren, können Sie die Rahmenbedingungen der Transaktion anpassen und über weitere Optionen des Betriebsmodells nachdenken, um diese Bedürfnisse zu erfüllen. Es ist so, als würden Sie einen Lebenslauf an eine Jobbeschreibung anpassen: Machen Sie das Zielunternehmen für jeden Kaufinteressenten so attraktiv wie möglich.

Um Kostenwettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten, sollte das Betriebsmodell mit wettbewerbs- und branchenüblichen Ansätzen verglichen werden. Dabei sollten alle Möglichkeiten zur Senkung von Servicekosten analysiert werden – von der Beschaffung bis zur Distribution, vom Bauen bis zum Zukaufen. Auch der internationale Marktzugang sollte optimiert werden, indem marktspezifisch zwischen direkter Präsenz und dem Verkauf durch Vertriebsgesellschaften entschieden wird.

Ist der Zielstatus definiert, sollte das Führungsteam die ab Tag eins geltenden Leitsätze und Veräußerungsstrategien definieren – und festlegen, wie das Unternehmen nach Abschluss der Transaktion an den Käufer übergeht. Sollen an der Spitze des herausgelösten Unternehmens zusätzliche Unternehmensfunktionen aufgebaut werden? Soll auf strikte TSAs vertraut werden? Sollen bestehende Funktionen und Fähigkeiten entnommen und verschoben werden? Mit diesem Leitfaden können spezielle Funktionsteams entscheiden, wie das Unternehmen am besten herauszulösen ist.

Aufbau eines Betriebsmodells im 21. Jahrhundert

In Unternehmenstaktiken hinterlässt der technologische Fortschritt fast überall seine Spuren – auch beim Aufbau von Betriebsmodellen. Die Anwendung von Technologien wie Analytics, künstlicher Intelligenz, Automatisierung und Blockchain ermöglicht es Ihnen, bessere Analysen zu erstellen, diese effektiver an Käufer zu kommunizieren und die Zeit bis zum Transaktionsabschluss zu verkürzen. Wie können Sie Technologie nutzen, um mehr Wert aus Ihren Veräußerungen zu ziehen? Ganz einfach:

  • Setzen Sie selbstlernende KI-Systeme darauf an, System- und Workflow-Prozessdaten schnell zu analysieren und entscheidende Zusammenhänge beim Unternehmensübergang zu identifizieren.
  • Spannen Sie automatisierte Prozesse für wichtige Übergangsaufgaben ein, um verlorene Kosten schneller zu beseitigen und die TSA-Anforderungen zu vereinfachen.
  • Nutzen Sie Datenseen und Datenvisualisierungen, um entscheidende Daten schnell zu konsolidieren und zu vermitteln. Käufer, Regulierungsbehörden und die Teams der Übergangsplanung brauchen sie für die Entscheidungsfindung.
  • Implementieren Sie eine Blockchain, um die „digitale Kontinuität“ und das Vertrauen zu gewährleisten, welches für schlanke TSA-Prozesse notwendig ist. Eliminieren Sie überschneidende oder fehleranfällige Transaktionen während der TSA-Phase.

Unternehmen auf der ganzen Welt holen bei der Wertschöpfung vor dem Kauf immer mehr raus. Ein detailliertes Betriebsmodell wirkt da Wunder. Die relativ kleine Anfangsinvestition, mit der Sie ein zielgerichtetes, maßgeschneidertes Betriebsmodell aufbauen, liefert mehr Wert aus der Desinvestition.

Fazit

Veräußerungen sind ein wichtiger Spielzug der Unternehmenstaktik. Sie ermöglichen es, verzichtbare Assets abzubauen und in Kapital für ein stärkeres, künftiges Wachstum zu verwandeln. Ein unterschätzter Schachzug zur Steigerung des Desinvestitionswerts? Optimieren Sie das Ziel-Betriebsmodell. Ein auf das Zielgeschäft maßgeschneidertes oder angepasstes Betriebsmodell hilft, die Fähigkeiten und den Wert Ihres Unternehmens herauszustellen

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