4 Minuten Lesezeit 25 Oktober 2022
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Warum Unternehmen ihre konzerninternen Leistungsbeziehungen im Ausland überprüfen sollten

Von Tax & Law Magazine

Das Kundenmagazin von EY Deutschland zu aktuellen Steuer- und Rechtsthemen.

4 Minuten Lesezeit 25 Oktober 2022

Unternehmen sind gut beraten, ihre konzerninternen Leistungsbeziehungen im Ausland zu überprüfen, um eine Hinzurechnungsbesteuerung in Deutschland zu vermeiden.

Überblick
  • Mit der Einführung des Masterfile-Konzepts für die Verrechnungspreisdokumentation durch BEPS-Aktionspunkt 13 steht in der Praxis weiterhin die Erfüllung von Compliance-Verpflichtungen im Vordergrund. 
  • Relevante Änderungen der Hinzurechnungsbesteuerung durch das ATAD-Umsetzungsgesetz sind erstmals für ausländische Zwischeneinkünfte anzuwenden.
  • Konzerne sind guten beraten, ihre weltweiten Leistungsbeziehungen auch ohne Deutschlandbezug unter die Lupe zu nehmen. 

Weltweite Leistungsbeziehungen zwischen Konzerngesellschaften bzw. die Gestaltung der Verrechnungspreise gehören längst zu den Standardaufgaben einer Steuerabteilung. Allerdings hat sich die deutsche Steuerpraxis bisher überwiegend auf Leistungsbeziehungen deutscher Konzerngesellschaften zum Ausland fokussiert. Mit der Einführung des Masterfile-Konzepts für die Verrechnungspreisdokumentation durch BEPS-Aktionspunkt 13 gelangten Auslandsbeziehungen ohne Deutschlandbezug zwar zunehmend in den Verantwortungsbereich hiesiger Konzernobergesellschaften, in der Praxis steht meist aber weiterhin eher die Erfüllung von Compliance-Verpflichtungen im Vordergrund. Materiell-rechtliche Fragen wie beispielsweise „Ist die TP-Richtlinie im Ausland sachgerecht?“ oder „Wurde die bestehende TP-Richtlinie im Ausland tatsächlich gelebt?“ werden häufig stiefmütterlich behandelt. Doch genau hier müssen Unternehmen künftig aufpassen. Die Zeit drängt, da relevante Änderungen der Hinzurechnungsbesteuerung durch das ATAD-Umsetzungsgesetz erstmals für ausländische Zwischeneinkünfte anzuwenden sind, die in Wirtschaftsjahren entstanden sind, die nach dem 31. Dezember 2021 beginnen.

Gewinnausschüttungen nun in bestimmten Fällen passiv

Vor dem ATAD-Umsetzungsgesetz galten offene und verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) stets als aktive Einkünfte i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 8 AStG a. F. und unterlagen damit nicht der Hinzurechnungsbesteuerung. Doch diese pauschale Qualifikation hat der Gesetzgeber vergangenes Jahr eingeschränkt. Grundsätzlich sind Dividenden zwar weiterhin aktiv. Aber Bezüge, die das Einkommen der ausschüttenden Gesellschaft gemindert haben, gelten nun als passive Einkünfte und damit als ein Tatbestandsmerkmal der Hinzurechnungsbesteuerung (§ 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a AStG n. F.). Darunter fallen in erster Linie vGA, die im Ausland nicht einkommenserhöhend bei der leistenden Kapitalgesellschaft nachvollzogen werden. Da das deutsche Außensteuerrecht fast die gesamte Welt als Niedrigsteuergebiet (als weiteres Tatbestandsmerkmal der Hinzurechnungsbesteuerung) ansieht, können fremdunübliche Leistungsbeziehungen zwischen ausländischen Konzerngesellschaften schnell in den Anwendungsbereich der Hinzurechnungsbesteuerung fallen und damit in Deutschland der Körperschaft- und Gewerbesteuer unterliegen.

vGA im Dreieck

Vor allem in den durchaus praxisrelevanten Fällen, in denen die deutsche Konzernobergesellschaft über eine ausländische Zwischenholding mittelbar ausländische Tochtergesellschaften beherrscht, müssen nun die Leistungsbeziehungen zwischen diesen Tochtergesellschaften genau geprüft werden. Sind diese nach hiesiger Auffassung fremdunüblich, aber in den Augen der ausländischen Jurisdiktion angemessen und daher keiner lokalen Korrektur zugänglich, führt dies aus deutscher Sicht zu einer vGA im Dreieck. Das heißt, die ausländische Tochtergesellschaft schüttet den fremdunüblichen Betrag der Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung verdeckt an die Zwischenholding aus und die Zwischenholding legt den Vorteil verdeckt in die andere Tochtergesellschaft ein (reine Nutzungseinlagen sind nicht einlagefähig). Die vGA auf Ebene der Zwischenholding stellt nach neuem Recht passive Einkünfte dar, sofern keine der komplexen Rückausnahmen greift. Unterliegt die Zwischenholding zudem einer niedrigen Besteuerung, wird die Zwischenholding durch die Konzernobergesellschaft inländerbeherrscht. Gelingt ferner der Nachweis wesentlicher wirtschaftlicher Tätigkeiten nach § 8 Abs. 2 AStG nicht, wird die vGA hierzulande hinzugerechnet und besteuert.

Schwacher Trost

Der einzige Trost ist dabei, dass die vGA grundsätzlich bei der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags zu 95 Prozent steuerfrei ist. Allerdings nur, sofern das Korrespondenzprinzip keine Anwendung findet. Dieses besagt vereinfacht, dass eine Steuerfreiheit nur vorliegt, wenn die Bezüge das Einkommen der leistenden Gesellschaft nicht gemindert haben. Das gilt wiederum nicht, sofern die vGA das Einkommen einer anderen Gesellschaft erhöht hat, die dem Empfänger der vGA nahesteht, und § 32a KStG keine Anwendung findet. Diese Rückausnahme mag zumindest in bestimmten Fällen helfen und eine Hinzurechnungsbesteuerung in Höhe von 100 Prozent der vGA vermeiden. Dann wären zwar „nur“ 5 Prozent der vGA im Hinzurechnungsbetrag zu berücksichtigen, doch auch dies kann bei hohen Einzeltransaktionen oder – im Falle von systematischen Fehlern in gruppenweiten TP-Richtlinien – bei mehrfach fehlerhaften Einzeltransaktionen in Summe eine enorme Steuerbelastung mit sich bringen.

Ausnahmen

In gewissen Fällen können die vGA wiederum als aktive Einkünfte gelten, sofern eine von zwei komplexen Rückausnahmen greift. Dies gilt zum einen, wenn die leistende Gesellschaft – also die Gesellschaft, die verdeckt ausschüttet – mit den zugrunde liegenden Einkünften eine Zwischengesellschaft ist (§ 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a Satz 2 Doppelbuchst. aa AStG). Zum anderen ist die vGA auch dann aktiv, wenn sie das Einkommen der ausländischen Gesellschaft (Zwischenholding) oder einer ihr nahestehenden Person (Tochtergesellschaft) erhöht hat und diese keiner niedrigen Besteuerung unterliegen (§ 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a Satz 2 Doppelbuchst. bb AStG). Die Prüfung der Ausnahmen stellt den Steuerpflichtigen aber vor neue Herausforderungen. Aufgrund der Komplexität der Normen ist hierbei eine Einzelfallprüfung unerlässlich.

Autoren: Adrian Götz, Jörg Stefan Brodersen

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Tax & Law Magazine

Dieser Artikel wurde im Rahmen des Tax & Law Magazine veröffentlicht. Das Kundenmagazin von EY Deutschland zu aktuellen Steuer- und Rechtsthemen. 

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Fazit

Konzerne sind guten beraten, ihre weltweiten Leistungsbeziehungen auch ohne Deutschlandbezug unter die Lupe zu nehmen. Zumindest sollten wesentliche Transaktionstypen überprüft werden (d. h. Transaktionen mit hohen Einzelvolumina bzw. solche mit flächendeckender Verrechnung im Konzern). Hierbei ist es zunächst irrelevant, ob es sich im Ausland um grenzüberschreitende Sachverhalte handelt oder innerhalb derselben ausländischen Jurisdiktion. Entscheidend sind ferner Monitoring-Prozesse, um eine tatsächliche Verrechnung im Einklang mit der bestehenden TP-Richtlinie sicherzustellen (proaktives Preis- und Margenmonitoring) und um offensichtliche Fehler bei (neuen) Einzelsachverhalten zu identifizieren. Betroffene Unternehmen sollten sich darauf einstellen, dass umfangreiche Sachverhaltsermittlungen im Rahmen der Mitwirkungspflichten auf sie zukommen könnten. Losgelöst von der Vermeidung von negativen steuerlichen Konsequenzen in Deutschland sollten die Maßnahmen auch dazu beitragen, etwaige Betriebsprüfungsrisiken im Ausland zu reduzieren. Ferner können sich je nach Reife der aktuellen TP-Richtlinie zusätzliche Einsparungen bei der globalen TP-Compliance ergeben, da sich eine überarbeitete, gruppenweit konsistente TP-Richtlinie mittels zentraler Templates effizienter im Rahmen der jährlichen Verrechnungspreisdokumentation abbilden lässt.

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