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Neue Steuerbefreiungen und Pauschalen, aber wenig Bürokratieabbau 

Was der Koalitionsvertrag für Arbeitgeber und Arbeitnehmer bedeutet  

CDU/CSU und SPD haben nach zähem Ringen am 09.04.2025 ihren Koalitionsvertrag vorgelegt. Ein möglicher Stolperstein kann zudem zumindest bei einem Teil der Maßnahmen noch die Finanzierung werden. In dieser Ausgabe berichten wir über die für Arbeitgeber und Arbeitnehmer relevanten Punkte aus den Bereichen Steuern, Sozialversicherung, Immigration und Arbeitsrecht.  In diesem Artikel behandeln wir die Vorhaben im Bereich Lohn- und Einkommensteuer.

Dienstwagenbesteuerung bei Elektrofahrzeugen

Bei reinen Elektrofahrzeugen (keine Kohlendioxidemission) wird die Bemessungsgrundlage für den geldwerten Vorteil aus der Privatnutzung und Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nur mit einem Viertel angesetzt. Dies gilt auch für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung. Im Rahmen der Förderung der E-Mobilität soll laut Koalitionsvertrag die Bruttolistenpreisgrenze für die Steuerbegünstigung auf 100.000 Euro (derzeit 70.000 Euro) angehoben werden. Die Einführung einer Sonderabschreibung ist ebenfalls geplant.

Über die gesetzliche Altersgrenze hinaus arbeiten

Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und weiterarbeitet, soll nach dem Willen von CDU/CSU und SPD mit einer Steuerbefreiung in Höhe von bis zu 2.000 Euro monatlich belohnt werden. Im Hinblick auf die Zielsetzung dieser Maßnahme dürfte hier ein Freibetrag gemeint sein und nicht etwa eine Freigrenze. Das heißt, wer 3.000 Euro monatlich verdient, muss davon 2.000 Euro nicht versteuern. Geprüft wird, ob weitere Voraussetzungen gelten sollen, etwa die folgenden:

  • Sozialversicherungspflicht des Beschäftigungsverhältnisses
  • kein Renteneintritt unterhalb der Altersgrenze für die Regelaltersrente
  • Anwendung des Progressionsvorbehalts (Berücksichtigung des steuerfreien Betrags bei der Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes)

Steuersenkung für kleine und mittlere Einkommen

Die Einkommensteuer auf kleine und mittlere Einkommen wird laut Vertrag zur Mitte der Legislaturperiode gesenkt. Hier stellt sich die Frage, was die Koalition unter kleinen und mittleren Einkommen versteht, wo sie also die Grenzen zieht. 

Kinderfreibetrag

Außerdem plant die Koalition, die Schere zwischen der Entlastungswirkung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrags schrittweise zu verringern und die finanzielle Situation Alleinerziehender zu verbessern.

Der „Soli“ bleibt

Schwarz-Rot will den Solidaritätszuschlag unverändert beibehalten. Erst kürzlich hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass er nach wie vor verfassungsgemäß ist (BVerfG, Pressemitteilung vom 26.03.2025, 2 BvR 1505/20). Derzeit zahlen Steuerpflichtige, die bis zu 39.900 Euro (Zusammenveranlagung) bzw. 19.950 Euro (Einzelveranlagung) Einkommensteuer zahlen, keinen Solidaritätszuschlag. Außerdem gibt es eine Milderungsregelung. Danach darf der Solidaritätszuschlag im Übergangsbereich 11,9 Prozent der Differenz zwischen der (Lohn-)Steuer und der anzuwendenden Freigrenze nicht übersteigen. Bei sonstigen Bezügen gelten Besonderheiten.

Steuerbefreiung von Überstundenzuschlägen

Zuschläge für Überstunden, die die tariflich vereinbarte bzw. an Tarifverträgen orientierte Vollzeitarbeit überschreiten, werden nach dem Willen der Koalition umgehend steuerfrei gestellt. Fraglich ist allerdings, ob solch eine Regelung nicht eine unzulässige Schlechterbehandlung von Teilzeitkräften darstellt. Hierzu mehr in unserem Beitrag zu den arbeitsrechtlichen Punkten im Koalitionsvertrag. Es bleibt zu hoffen, dass dies im Vorfeld sorgfältig geprüft wird. Sonst ist damit zu rechnen, dass es zu zahlreichen Gerichtsverfahren kommt.

Clock Ab wann die Begünstigung eingeführt wird, ist aus dem Vertrag nicht ersichtlich. Unklar ist zudem, weshalb nur eine Erhöhung auf Vollzeit begünstigt sein soll.

Erhöhung der Pendlerpauschale 

Die Koalition will die Pendlerpauschale zum 01.01.2026 ab dem ersten Kilometer auf 0,38 Cent erhöhen. Mit der Pendlerpauschale können Aufwendungen für das Pendeln zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte steuermindernd geltend gemacht werden. Sie gilt mit wenigen Ausnahmen unabhängig von der Fortbewegungsart (etwa zu Fuß, mit dem Auto, Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln). Die Pauschale beträgt derzeit grundsätzlich 0,30 Euro für die ersten 20 Entfernungskilometer und 0,38 Euro ab dem 21. Entfernungskilometer. 

Im Jahr 2020 haben 13,8 Mio. Arbeitnehmer die Pendlerpauschale in ihrer Steuererklärung genutzt (Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 26.03.2025). Die durchschnittliche Entfernung zum Arbeitsort lag bei 28 Kilometern. Die geplante Erhöhung betrifft also voraussichtlich einen großen Teil der Bevölkerung. 

Falls die Erhöhung so kommt, kann ein Arbeitnehmer, der an 220 Tagen im Jahr zu seiner mindestens 20 km entfernten ersten Tätigkeitsstätte pendelt, insgesamt eine um 352 Euro höhere Pauschale geltend machen. Ist die Strecke kürzer und/oder wird seltener gependelt – etwa aufgrund von Homeoffice – reduziert sich der Vorteil entsprechend. Die tatsächliche zusätzliche Steuerersparnis hängt zudem vom individuellen (Grenz-)Steuersatz ab. 

Steuerbürokratie reduzieren – Arbeitstagepauschale 

Die Koalition will das Steuerrecht vereinfachen und stärker digitalisieren. Wer nur Arbeitseikommen oder nur eine Rente bezieht, soll so weit wie möglich von Erklärungspflichten entlastet werden. Als konkrete Maßnahme wird nur die Prüfung einer Arbeitstagepauschale für die Werbungskosten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern genannt. Doch Vereinfachungsbedarf gibt es zweifellos auch an anderer Stelle reichlich.  

Eine Arbeitstagepauschale dürfte unseres Erachtens keine wesentliche Verbesserung bringen – insbesondere nicht für grenzüberschreitend Beschäftigte. Je nach Ausgestaltung kann sie zwar vereinfachend wirken. Doch sollte ein alternativer Einzelnachweis nicht mehr möglich sein, ist sie auch unter dem Aspekt der Gleichbehandlung fragwürdig, beispielsweise im Vergleich zu den Abzugsmöglichkeiten bei einer selbständigen oder gewerblichen Tätigkeit.  

Fazit

Ein wesentliches Ziel der Koalition ist es offensichtlich, den Arbeitsmarkt zu entlasten, indem Teilzeitkräfte und Rentner motiviert werden, Vollzeit bzw. im Ruhestand zu arbeiten. Die vorgesehenen Bemühungen um Bürokratieabbau und Vereinfachungen erscheinen bei der Lohn-/Einkommensteuer im Vergleich zu anderen Bereichen eher bescheiden. Geplant sind zwar eine stärkere Digitalisierung und Unterstützung der Finanzverwaltung durch KI, doch auch eine Vereinfachung und praxisfreundlichere Gestaltung des hochkomplexen und häufig mit einem großen Verwaltungsaufwand verbundenen Regelwerks wäre dringend geboten. Es bleibt zu hoffen, dass die künftige Regierung den Verbesserungsbedarf auch hier erkennt und zeitnah angeht.

Autoren: Ursula Beste, Thore Schmitz, Christoph Ackermann

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