5 Minuten Lesezeit 16 Februar 2023
Digital brain with numbers

Warum Digitalisierung in Finance unverzichtbar ist

Von Ewelina Hmyzo

Partnerin, Finance Automation, Financial Accounting Advisory Services, EY Consulting GmbH | Deutschland

Begleitet Unternehmen inhaltlich und technologisch bei ihrer Transformation. Sieht moderne Technologie als wichtigen Motor einer positiven Veränderung.

5 Minuten Lesezeit 16 Februar 2023

COVID-19 hat die Digitalisierungslücken im Finanz- und Rechnungswesen offengelegt. Es gilt, sie schnell und nachhaltig zu schließen.

Mitarbeiter im Homeoffice, virtuelle Konferenzen oder die radikale Umstellung der Prozesse auf digital: Die Corona-Krise verändert die Arbeitswelt vieler Unternehmen in Deutschland. Das stellt gerade Mittelständler vor enorme Herausforderungen. Vor allem ihr Rechnungswesen droht wegen bisher oft nur schleppender Digitalisierung zum Engpass zu werden. Dabei sind gerade jetzt schnelle und zuverlässige Informationen notwendig, um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern, um Stakeholder zeitnah zu informieren, aber auch um Überbrückungskredite von Banken zu bekommen oder Stundungen beim Finanzamt zu beantragen.

Fehlende digitale Prozesse sind ein Risiko

Finanzabteilungen verfügen schon unter normalen Umständen selten über ausreichend Personal. In der Corona-Krise ist die Leistungsfähigkeit des Finanzbereichs durch steigende Krankmeldungen und fehlende Kinderbetreuung zusätzlich eingeschränkt. Zu Beginn der Pandemie haben die Unternehmen zunächst nur das Notwendigste getan. Mit der Erstellung des ersten Monatsabschlusses im Lockdown waren viele anfangs überfordert, denn oft fehlen definierte Prozesse, die man „remote“ ausführen kann.

Zwar existieren große Mengen an digitalen Dokumenten, jedoch wurden in der Regel die entsprechenden Daten nicht strukturiert in Systeme überführt, was eine automatisierte Verarbeitung erschwert.
Andreas Muzzu
Partner Financial Accounting and Advisory Services

Papierbasierte Prozesse und die hinausgeschobene Digitalisierung aller wichtigen Unterlagen, zum Beispiel die Digitalisierung von Verträgen, rächen sich im Lockdown und erfordern zumindest eine rotierende Mitarbeiterpräsenz in den Büros. Daneben existieren zwar große Mengen an digitalen Dokumenten, jedoch wurden in der Regel die entsprechenden Daten nicht strukturiert in Systeme überführt, was eine automatisierte Verarbeitung erschwert. Viele Daten existieren zudem nur auf individuellen Laufwerken einzelner Mitarbeiter, was Vertretungen und Arbeitsteilung, zum Beispiel mit externen Dienstleistern, zusätzlich erschwert.

Ein klassisches, aber in der aktuell akut angespannten Liquiditätslage für viele Unternehmen sehr relevantes Beispiel: Eingangs- und Ausgangsrechnungen liegen meist nur in Papierform und unstrukturiert in verschiedenen Formaten für unterschiedliche Kunden vor.

KI im Rechnungswesen

90 %

der Eingangsrechnungen kann eine Künstliche Intelligenz selbstständig abwickeln.

Eine systematische Digitalisierung würde dazu führen, dass Rechnungen grundsätzlich maschinenlesbar wären und dadurch automatisiert bearbeitet und gebucht werden könnten. Schon heute kann ein KI-basiertes System bis zu 90 Prozent der Eingangsrechnungen selbstständig abwickeln. Solange in Deutschland jedes Jahr schätzungsweise 32 Milliarden Rechnungen in Papierform erstellt werden, bleiben wir trotzdem von der physischen Präsenz der Mitarbeiter abhängig, die einerseits Rechnungen drucken und versenden, und andererseits Umschläge öffnen und Rechnungen einscannen.

Finance und Accounting: Leistungsfähigkeit wiederherstellen – und nachhaltig aufrechterhalten

Eine der wichtigsten Maßnahmen ist die schnellstmögliche Umstellung auf eine maximal automatisierte Bearbeitung in diesen Abteilungen. So bleiben die Abteilungen leistungsfähig und können die Compliance- und Fraud-Risiken der aktuellen Notfalllösungen schnell beherrschen. Das reicht von einfacher, auf Tätigkeiten einzelner Mitarbeiter fokussierte Desktop-Automatisierung, über die Ausführung von Teilprozessen durch eigens dafür programmierte Software-Roboter, bis hin zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI).

Viele Unternehmen, die derzeit aus der Schockstarre aufwachen, erkennen zwar, dass dringender Automatisierungsbedarf im Finance und Accounting besteht. Doch sie wissen nicht, wie die ersten Schritte aussehen sollten, damit die Umstellung auch gelingt.

Wie eine mehrstufige Vorgehensweise bei der Umstellung hilft

Zunächst müssen die neuen Prozeduren umgehend dokumentiert und für Bereiche mit offensichtlichen personellen Engpässen Quick Fixes, also schnelle Automatisierungen, durchgeführt werden.

Im Anschluss an die Ad-hoc-Maßnahmen gilt es mit einer umfassenden Analyse der Unternehmensprozesse weitere Fragen zu beantworten:

  • Wo sind Engpässe absehbar, falls die Krisensituation länger andauern sollte?
  • Wie können Engpässe vermieden werden, wenn es zu einer möglichen neuen Ausnahmesituation kommt, zum Beispiel einem erneuten Lockdown oder dem Ausfall von Mitarbeitern mit Spezial-Know-how?
  • Wie kann das Unternehmen durch Technologie effektiv gegensteuern, um künftig drohende Arbeitsausfälle zu großen Teilen durch Einsatz von Technologie abfedern zu lassen?

Daraus resultiert eine Automatisierungs-Roadmap, die die Unternehmen in den nächsten drei bis sechs Monaten konsequent umsetzen sollten.

Ist eine hinreichende Datenmenge vorhanden, kann KI Teilprozesse innerhalb von acht bis zwölf Wochen weitgehend übernehmen. 

Auf mittlere Sicht muss es ein maßgebliches Ziel im Finance und Accounting sein, überall dort, wo Standardarbeiten anfallen, die menschliche Komponente zu entlasten und die Prozesse durch Technologie wesentlich effizienter und sicherer zu gestalten. So sollten möglichst viele transaktionale Tätigkeiten digitalisiert werden. Prinzipiell ist auch jede andere regel- oder datenbasierte, wiederkehrende Tätigkeit im Accounting umgehend automatisierbar.

In drei Wochen zur Automatisierung

Im schnellsten Fall hat es nur drei Wochen gedauert, bis Automatisierung im Unternehmen eingeführt war. Ist eine hinreichende Datenmenge vorhanden, kann KI Teilprozesse innerhalb von acht bis zwölf Wochen weitgehend übernehmen. Fangen Unternehmen sofort an, ihre wunden Punkte anzugehen, können sie bereits für den nächsten Monatsabschluss besser gewappnet sein.

Ein weiterer Aspekt, der nicht zu unterschätzen ist, ist der Aufbau von web-basierten „Krisenhandbüchern“, die schnell und effizient Handlungsanweisungen – sogenannte Standard Operating Procedures – an die remote arbeitenden Mitarbeiter adressieren können. Damit wird sichergestellt, dass alle Mitarbeiter möglichst zeitnah „per Knopfdruck“ über neueste Entwicklungen und Änderungen informiert werden und gleichzeitig alle wichtigen Informationen zu ihrem Arbeitsumfeld im Blick haben.

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Automatisierungsschub im Finance und Accounting

Insgesamt erwarten wir einen massiven Automatisierungsschub im Finance und Accounting. Denn auch große Konzerne mit ihren regionalen Shared Service Centern (SSC) werden eine noch stärkere Automatisierung im Rahmen eines tatsächlich leistungsfähigen Business Continuity Systems forcieren, um für künftige Krisenfälle besser gewappnet zu sein – und um kurzfristig schlichtweg fehlende Kapazitäten auszugleichen.

Wirtschaft wird aber vor allem durch eins definiert: den Wettbewerb, der jede Ineffizienz früher oder später abstraft. Auch in der aktuellen Corona-Krise dürfen wir diesen Aspekt nicht aus den Augen verlieren. Asien war nicht nur als erster Kontinent von COVID-19 betroffen. Es ist auch Heimat von 70 Prozent der weltweiten Shared Services Centern für Finance und Accounting. Unser Netzwerk berichtet schon heute von einer regelrechten Automatisierungswelle, die in Asien losgeht. Es ist davon auszugehen, dass sie in einem erheblichen Wettbewerbsvorteil für diese Unternehmen resultieren wird.

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Fazit

Die Corona-Krise verändert die Arbeitswelt vieler Unternehmen in Deutschland. Vor allem das Rechnungswesen vieler Mittelständler ist wegen fehlender Digitalisierung zum Engpass geworden. Im Finanz- und Rechnungswesen besteht dringender Automatisierungsbedarf. Auch Konzerne mit global zerstreuten Shared Service Centern werden eine noch stärkere Automatisierung forcieren, um Ausfallrisiken zu minimieren. Mit automatisierten Prozessen werden die Unternehmen für künftige Krisenfälle besser gewappnet sein – und können kurzfristig fehlende Kapazitäten schnell ausgleichen.

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Von Ewelina Hmyzo

Partnerin, Finance Automation, Financial Accounting Advisory Services, EY Consulting GmbH | Deutschland

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