Unternehmen sollten sich rechtzeitig auf die zukünftig steigenden Transparenzanforderungen vorbereiten. Je nach Art und Komplexität des Geschäftsmodells kann dies mit einem hohen Aufwand verbunden sein. Die Auseinandersetzung mit den folgenden sechs Fragen sollten Unternehmen schon jetzt auf ihrer Agenda haben:
1. Welche Bedeutung hat der EU-CSR-Richtlinienentwurf für Unternehmen?
Mit dem Ziel einer europaweit einheitlichen und somit vergleichbaren wie auch relevanten Unternehmensberichterstattung hat die Europäische Kommission Ende April 2021 einen Richtlinienentwurf zur Weiterentwicklung der gesetzlich vorgeschriebenen Nachhaltigkeitsberichterstattung (bisher „nichtfinanzielle Erklärung“) veröffentlicht. Neben ökonomischen sollen zukünftig auch ökologische, soziale und die Unternehmensführung betreffende Aspekte Teil des Lageberichts sein. Es zeichnen sich umfangreiche Änderungen in der verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichterstattung ab, deren Umsetzung viele Erstanwender vor große Herausforderungen stellen wird.
Die überarbeitete CSR-Richtlinie soll noch im Kalenderjahr 2021, spätestens jedoch bis Juni 2022 verabschiedet werden. Anschließend müssen die Mitgliedstaaten sie bis zum 1. Dezember 2022 in nationales Recht umsetzen. Begleitend wird bis zum 31. Oktober 2022 der Kernbestandteil eines EU-Berichtsstandards für die verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung verabschiedet, der zweite Teil folgt 2023. Zudem wurde die Entwicklung eines EU-Prüfungsstandards angekündigt.
Im Ergebnis lässt sich der Richtlinienentwurf als Neuausrichtung und insgesamt als Aufwertung der bisherigen nichtfinanziellen Erklärung beurteilen. EU-weit einheitliche Standards sowohl für die Berichterstattung als auch für die künftige Pflichtprüfung erhöhen die Qualität und die Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitsberichterstattung.
Die Regelungen zur Berichterstattung und die erste verpflichtende Prüfung sind, sofern der EU-Terminplan eingehalten wird, erstmals auf Lageberichte anzuwenden, die ab dem 1. Januar 2024 für das Geschäftsjahr 2023 veröffentlicht werden.
Im Ergebnis lässt sich der Richtlinienentwurf als Neuausrichtung und insgesamt als Aufwertung der bisherigen nichtfinanziellen Erklärung beurteilen. EU-weit einheitliche Standards sowohl für die Berichterstattung als auch für die künftige Pflichtprüfung erhöhen die Qualität und die Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitsberichterstattung.
Damit Unternehmen der erweiterten Berichtspflicht adäquat nachkommen können, sollten sie insbesondere im Hinblick auf eine sytematische Risikoidentifizierung und die Implementierung robuster und prüfbarer Datenerhebungsprozesse frühzeitig handeln. Alle berichtspflichtigen Unternehmen haben die Anforderungen des Artikels 8 der EU-Taxonomie zu beachten, deren Umsetzung für viele Unternehmen eine große Herausforderungen darstellt.
2. Wer ist von der nichtfinanziellen Berichterstattung zukünftig betroffen?
Der Richtlinienentwurf sieht vor, den Anwendungsbereich deutlich zu erweitern: Die Pflicht zur Offenlegung nichtfinanzieller Informationen wird EU-weit voraussichtlich von derzeit etwa 11.600 auf künftig rund 49.000 berichtspflichtige Unternehmen vor Inanspruchnahme einer Befreiung ausgeweitet werden.
Eine Pflicht zur nichtfinanziellen Berichtserstattung soll ab 1. Januar 2024 für alle großen Unternehmen und ab 1. Januar 2026 für alle kapitalmarktorientierten kleinen und mittleren Unternehmen bestehen. Das heißt konkret:
- Für Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften ist eineBerichtspflicht vorgesehen, wenn sie mindestens zwei der folgenden drei Kriterien erfüllen: über 20 Mio. Euro Bilanzsumme, über 40 Mio. Euro Umsatz und/oder über 250 Arbeitnehmer.
- Künftig sind alle kapitalmarktorientierten Unternehmen berichtspflichtig (außer Kleinstunternehmen). Für kapitalmarktorientierte Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten sollen geringere Anforderungen gelten.
- Es wird zudem eine konzernweite Berichtspflicht für große Unternehmensgruppen vorgesehen. Die grundsätzliche Befreiungsmöglichkeit von Tochterunternehmen soll bestehen bleiben, wenn diese in eine Konzernberichterstattung eingebunden sind. EU-Niederlassungen von Nicht-EU-Unternehmen sollen ebenfalls der Berichtspflicht unterliegen.
3. Welche maßgeblichen Ausweitungen der Berichtsinhalte sind zu erwarten?
Geplanter zentraler Regelungsinhalt des CSR-Richtlinienentwurfs ist der Wegfall des „doppelten Wesentlichkeitsvorbehalts“ nach § 289c Abs. 3 Nr. 3 HGB. Hieraus ist eine signifikante Auswirkung auf die Festlegung wesentlicher Themen und auf die Risikobeurteilung und -berichterstattung zu erwarten. Die Impact-Perspektive gewinnt damit im Vergleich zur bisherigen Berichterstattung an Bedeutung: Mussten Unternehmen bisher beispielsweise über umweltschädigende Geschäftsaktivitäten nur dann berichten, wenn auch eine mögliche Auswirkung auf den Geschäftserfolg gegeben war, so soll künftig diese Voraussetzung für die Wesentlichkeitsbeurteilung entfallen. Darüber hinaus soll die Berichterstattung um einen ausdrücklichen Zukunftsbezug von Nachhaltigkeitsangaben erweitert werden. Auch soll eine zusätzliche Berichterstattung zu nichtphysischen Ressourcen, die zur Wertschöpfung beitragen, erfolgen.
4. Was wird in Bezug auf einen EU-Berichtsstandard für die Nachhaltigkeitsberichterstattung angestrebt?
Der Vorschlag der EU-Kommission strebt zum Zweck einer zunehmenden Standardisierung und Vergleichbarkeit verbindliche EU-Richtlinien für die nichtfinanzielle Berichterstattung an. Konkrete nachhaltigkeitsbezogene Angaben, die zukünftig einer Berichtspflicht unterliegen, werden von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) erarbeitet. Die Entwicklung der EU-Berichtsstandards findet dabei schrittweise statt: Gemäß dem Plan wird die EU-Kommission einen allgemeingültigen EU-Berichtsstandard bis zum 31. Oktober 2022 und eine Spezifizierung bis zum 31. Oktober 2023 verabschieden. Die neue CSR-Richtlinie hat zudem zum Ziel, in Einklang mit anderen EU-Regulierungen im Kontext des EU-Sustainable-Finance-Aktionsplans zu stehen.
5. Wie sollen die Informationen veröffentlicht und zugänglich gemacht werden?
Der Richtlinienentwurf sieht vor, dass die Nachhaltigkeitsberichterstattung zwingend im Lagebericht verortet wird. Die bisher gewährte Flexibilität in Bezug auf die Form der Offenlegung soll zum Zweck einer zunehmenden Integration von finanzieller und nichtfinanzieller Berichterstattung sowie einer einheitlichen Verortung entfallen. Für eine leichtere Auswertung von Nachhaltigkeitsinformationen sollen diese in einem maschinenlesbaren XHTML-Format veröffentlicht werden (ESEF-Datenformat).
6. Welche Anforderungen werden an die geplante Prüfungspflicht gestellt?
Zur Stärkung des Vertrauens in die Nachhaltigkeitsberichterstattung sieht der Richtlinienentwurf eine Prüfungspflicht vor. In Deutschland erfolgt die Prüfung im Rahmen der gesetzlichen Prüfung des Lageberichts. Geplant ist übergangsweise eine Prüfung mit begrenzter Prüfungssicherheit.
Um auch bei der Prüfung einen einheltichen Standard innnerhalb der EU zu gewährleisten, plant die EU-Kommission, einen EU-Prüfungsstandard in Form eines Delegated Act zu erlassen. Zu erwarten ist eine Festlegung von Prüfungshandlungen einschließlich Prüfungsplanung, Risikobetrachtung, Reaktion auf Risiken und Berichterstattung im Bestätigungsvermerk zur Abschlussprüfung.
Fazit
Der Entwurf zur EU Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) stellt Unternehmen vor die Herausforderung, eine systematische Risikoidentifizierung und beurteilung sowie robuste und prüfbare Datenerhebungs- und Berichterstattungsprozesse für Nachhaltigkeitsinformationen aufzubauen. Gleichzeitig eröffnen eine transparente Unternehmensführung sowie eine relevante und glaubwürdige Berichterstattung Chancen, das Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte krisenfest und wettbewerbsfähig zu machen. Entscheidend ist, dass sich die Unternehmen frühzeitig ihres Handlungsbedarfs bewusst werden.