4 Minuten Lesezeit 14 Januar 2022

Seit 2021 gelten Erleichterungen in der Verbriefungsregulierung zum NPL-Abbau. Drei Viertel der Banken nutzen diese Option bislang nicht.

Schnellstraße mit Skyline im Hintergrund

Non-Performing Loans: Wie neue Verbriefungsregeln Freiräume schaffen

Autoren
Tobias Stockstrom

Partner, EMEIA Financial Services - Strategy and Transactions - Restructuring, EY Strategy & Transactions GmbH | Deutschland

Über 20 Jahre Erfahrung im Finanzdienstleistungssektor, einschließlich Private Equity; Familienmensch, der Sport und Grillabende liebt und begeistert davon ist, mit seinem Team neue Wege zu gehen

Thomas Koß

Leiter Strategy and Transactions im Bereich Financial Services | Deutschland

Ansprechpartner für Strategen und Finanzinvestoren im gesamten Lebenszyklus von M&A-Transaktionen im Financial-Services-Sektor. Familienvater, Ausdauersportler und Bücherenthusiast.

4 Minuten Lesezeit 14 Januar 2022

Weitere Materialien

  • COVID-19 und NPL: Keine Entwarnung, aber Anzeichen von Entspannung

Seit 2021 gelten Erleichterungen in der Verbriefungsregulierung zum NPL-Abbau. Drei Viertel der Banken nutzen diese Option bislang nicht.

Überblick

  • Die Mehrzahl der befragten Bankmanager rechnet in der aktuellen EY-Kurzumfrage mit weiter steigenden NPL-Quoten und -Transaktionen. 
  • Die Sorge über Kreditausfälle infolge der Pandemie hat sich im Jahresverlauf 2021 sichtlich abgeschwächt.
  • Mehr als die Hälfte der Institute plant derzeit keine eigenen NPL-Transaktionen; lediglich vier Prozent streben einen Transfer über Verbriefungen an.

Die Corona-Pandemie hält die deutsche Wirtschaft weiter fest im Griff. Trotz des schwierigen Umfelds beginnen zahlreiche Unternehmen allmählich wieder Tritt zu fassen, während die Sorge der Bankmanager über steigende Non-Performing-Loans-Quoten (NPL) in Deutschland im Jahresverlauf 2021 spürbar nachlässt. Wie das aktuelle EY-Spotlight zum deutschen NPL-Markt zeigt, erwartet die Mehrzahl der befragten 100 Bankmanager im dritten Quartal 2021 kurz- bis mittelfristig nur noch eine geringfügige Zunahme der NPL-Quoten in den Kreditbeständen.

Weitere Materialien

  • EY-Spotlight zum NPL-Markt, November 2021 │ Covid-19 und NPL: Keine Entwarnung, aber Anzeichen von Entspannung

Dennoch bleibt der Abbau der Risikopositionen mittel- bis langfristig eine zentrale Aufgabe der Branche. Die seit April 2021 geltenden Erleichterungen der Finanzmarktregulierung für synthetische und NPL-Verbriefungen werden bislang kaum genutzt.

Neukreditvergabe weiter auf Erholungskurs 

Die anfängliche Sorge um eine sinkende Neukreditvergabe infolge der Pandemie verfliegt allmählich: In den kommenden zwölf Monaten rechnet nur noch knapp jedes dritte Institut mit einem sinkenden Volumen der neu vergebenen Kredite. Im vierten Quartal 2020 taten dies noch knapp 60 Prozent. 

Stattdessen erwarten 44 Prozent nun eine steigende Neukreditvergabe, vier Prozent rechnen sogar mit einer starken Zunahme. Ein Viertel der Bankmanager ist mittlerweile überzeugt, dass die Neukreditvergabe nicht von der Corona-Krise beeinflusst wird. Ende des Jahres 2020 waren nur fünf Prozent dieser Ansicht.

Sorge vor Kreditausfällen lässt nach 

Lediglich 79 Prozent der befragten Bankmanager erwarten im dritten Quartal eine weiter steigende NPL-Quote. Im vierten Quartal 2020 taten dies noch 93 Prozent. Knapp 60 Prozent (Q4 2020: 35 Prozent) sehen die NPL-Quote aktuell nur noch geringfügig wachsen. Wie bereits in den Vorgängerstudien sehen 80 Prozent Unternehmensfinanzierungen am stärksten von Kreditausfällen betroffen.

EY-Spotlight NPL-Markt

79 %

erwarten eine steigende NPL-Quote (Q4 2020: 93 Prozent)

Knapp zwei Drittel der Befragten sind davon überzeugt, dass ihr Institut prozessual angemessen auf einen Transfer von Kreditrisiken vorbereitet ist. Dabei haben sich 86 Prozent noch nicht mit einer Exit-Readiness-Analyse auseinandergesetzt.

Transaktionszahlen dürften deutlich steigen – Institute warten noch ab 

Mehr als 90 Prozent (Q4 2020: 76 Prozent) der befragten Bankmanager rechnen mit einer steigenden Zahl von NPL-Transaktionen in den nächsten zwölf bis 18 Monaten. Dennoch erklären 66 Prozent der Befragten, dass ihr Institut selbst derzeit keinen Transfer plant. 

Vielmehr wollen 20 Prozent der Häuser ihre Risikopositionen über einen hauseigenen Workout abbauen. Für eine externe Übertragung von Kreditrisiken planen acht Prozent die Option True Sales, sechs Prozent Syndizierungen und vier Prozent Verbriefungen. Die geringe Inanspruchnahme von NPL-Verbriefungen zum Abbau von Risikopositionen ist angesichts der Erleichterungen, die die EU gerade dafür eingeräumt hat, erstaunlich.

STS-Standard erhöht Transparenz und Sicherheit 

Seit dem 9. April 2021 können Verbriefungen von notleidenden Krediten und synthetische Verbriefungen die Zertifizierung STS (simpel, transparent, standardisiert) erhalten. Das STS-Label zielt darauf ab, dem Erwerber einen leichten und schnellen Einblick in die Eigenschaften einer Verbriefung zu gewähren. Es geht dabei nicht nur um Transparenz, sondern auch um ein höheres Maß an Sicherheit. Der Standard soll Banken in die Lage versetzen, hochkomplexe Instrumente der synthetische und NPL-Verbriefungen stärker für Risikotransfers zu nutzen, um ihre Bilanzen zu günstigeren Konditionen von NPL-Lasten zu bereinigen und ihre Kapitalkosten zu verringern.

Mit der STS-Zertifizierung werden NPL-Verbriefungen auch im öffentlichen Markt leichter handelbar. Der bisherige Käuferkreis aus Hedgefonds, Pensions- und Staatsfonds erweitert sich nun auf regulierte Banken.

Die EY-Kurzumfrage ergab allerdings, dass die Option, einen STS-Standard für synthetische und NPL-Verbriefungen zu erlangen, jedem achten Institut in Deutschland noch nicht bekannt ist. Weitere 77 Prozent ziehen eine Verbriefung trotz dieser regulatorischen Erweiterung nicht in Erwägung. Drei Viertel der Befragten haben auch in der Vergangenheit noch keine Erfahrung mit Verbriefungsprozessen gesammelt.

EY-Spotlight NPL-Markt

89 %

der Banken ziehen die Möglichkeit noch nicht in Betracht, Verbriefungen vermehrt für den NPL-Abbau zu nutzen.

Zwar spricht jeder zweite Befragte der Neuregelung ein gewisses bis hohes Potenzial für den NPL-Abbau zu. 32 Prozent bezeichnen das Potenzial indes als geringfügig. Insbesondere große Institute sehen darin bislang keine Vorteile für ihr Haus.

Corona hält die Wirtschaft im Griff. Banken stehen mehr denn je vor der dringenden Aufgabe, ihre Bilanzen von NPL-Lasten zu befreien. Wie das gelingen kann, erklärt EY-Partner Christoph Roessle.

Fazit

Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie lasten auf den deutschen Unternehmen. Doch die Sorgen der deutschen Bankmanager vor möglichen Kreditausfällen nehmen weiter ab. Für eine Entwarnung sei es aber noch zu früh, sagt die Mehrzahl der befragten 100 Manager in der aktuellen EY-Kurzumfrage. Demnach rechnen vier von fünf Bankmanagern mit weiter steigenden Anteilen von Non-Performing Loans (NPL) in ihren Kreditvolumina. Die überwiegende Mehrzahl rechnet kurz- bis mittelfristig mit wachsenden NPL-Transaktionen. Doch plant mehr als die Hälfte der Institute bislang keine eigenen Risikotransfers. Seit 2021 gelten dafür regulatorische Erleichterungen. Knapp 90 Prozent der Häuser ziehen diese Möglichkeit bislang nicht in Betracht.

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Tobias Stockstrom

Partner, EMEIA Financial Services - Strategy and Transactions - Restructuring, EY Strategy & Transactions GmbH | Deutschland

Über 20 Jahre Erfahrung im Finanzdienstleistungssektor, einschließlich Private Equity; Familienmensch, der Sport und Grillabende liebt und begeistert davon ist, mit seinem Team neue Wege zu gehen

Thomas Koß

Leiter Strategy and Transactions im Bereich Financial Services | Deutschland

Ansprechpartner für Strategen und Finanzinvestoren im gesamten Lebenszyklus von M&A-Transaktionen im Financial-Services-Sektor. Familienvater, Ausdauersportler und Bücherenthusiast.