Wie sehen Sie das künftige Zusammenspiel aus öffentlicher Ladeinfrastruktur und Lademöglichkeiten im privaten, gewerblichen und halböffentlichen Bereich unter der Berücksichtigung dessen, dass laut BDEW in Deutschland ca. 85 Prozent der Ladevorgänge zu Hause oder beim Arbeitgeber, im sogenannten privaten Bereich, stattfinden?
Wie Sie in Ihrer Frage schon zum Ausdruck bringen, es kommt auf das Zusammenspiel der verschiedenen Lademöglichkeiten an. Die größte Herausforderung, die wir sehen, haben Menschen, die weder zu Hause noch beim Arbeitgeber laden können. Sie brauchen zusätzliche Ladeangebote im öffentlichen und halböffentlichen Raum – sogenanntes Convenience-Laden, zum Beispiel beim Fitnessclub oder Supermarkt. Zudem können HPC-Ladeparks, insbesondere in der Stadt, viele Ladevorgänge in kurzer Zeit abdecken. Das führt zu einer Entlastung bestehender Ladeinfrastruktur und ist eine wertvolle Ergänzung für die Kunden.
Haben Sie mit Ihrem Unternehmen Fördermittel abrufen können und diese auch erhalten? Wie bewerten Sie den Antragsprozess mit der Information, dass laut BDEW nur 12 Prozent der bereitgestellten Mittel[2] bisher abgerufen wurden?
IONITY hat zum Start des Rollouts von Ladesäulen an einem der Förderaufrufe der Bundesregierung teilgenommen und hat auch Fördermittel erhalten. Die Herausforderung aber war, dass man mit der Errichtung einer HPC-Ladestation erst beginnen durfte, wenn der finale Förderbescheid vorlag. Dies war ein langwieriger Prozess und dem raschen Ausbau der dringend benötigten Ladeinfrastruktur sicher nicht zuträglich. Daher hat sich IONITY entschieden, im Zweifel nicht auf Förderbescheide zu warten, sondern die Infrastruktur auch ohne Unterstützung weiter zügig auszubauen.
Wie könnte aus Ihrer Sicht der Antragsprozess für Fördermittel verbessert und unbürokratischer gestaltet werden?
Insbesondere bei den Themen Vorlauf und Umsetzungsdauer gibt es sicher Verbesserungspotenzial. Zudem würde es Sinn machen, sich bei der Förderung auf den Netzanschluss zu fokussieren, da das ein reguliertes Geschäft ist und hier die Kosten klar festgelegt sind. Auch Pauschalen für die Installation von Ladepunkten halten wir für einen sehr zielgerichteten und effizienten Ansatz in Abhängigkeit von den installierten Leistungsklassen – von AC-Ladepunkt bis HPC-Ladepunkt. Wenn man dann noch das ganze Verfahren online abwickeln könnte, kämen wir der Entbürokratisierung schon ein ganzes Stück näher.
Was würden Sie an der Stelle der Bundesregierung mit Blick auf die bisherige Entwicklung des Ladeinfrastrukturausbaus tun?
Es gibt einen stark wachsenden Wettbewerb rund um den Ausbau von Ladeinfrastruktur. Der Bundesregierung sollte es jetzt darum gehen, neue Flächen auszuweisen, Genehmigungsprozesse zu vereinfachen und einen stabilen regulatorischen Rahmen zu schaffen, um beim Ausbau des Netzes Tempo zu machen – natürlich in Zusammenarbeit mit der EU. Insbesondere für Betreiber wie uns, die in ganz Europa aktiv sind, ist ein abgestimmter Rechtsrahmen auf EU-Ebene enorm wichtig.