Person arbeitet an einem Tisch in einer Bibliothek mit vielen Büchern.

Warum Weiterbildung für gute Unternehmensüberwachung wichtig ist

Rechtliche Änderungen, Branchen- und KI-Trends sowie geopolitische Veränderungen erfordern stetige Weiterbildung – unabhängig vom Vorwissen.


Überblick:

  • Bei Mandatsübernahme sollte ein generelles, funktions- und personenbezogenes Onboarding erfolgen.
  • Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder sind gefordert, eigenverantwortlich für ihre Fort- und Weiterbildung zu sorgen.
  • Ein dynamisches Umfeld sorgt für Weiterbildungsbedarf – unabhängig von individuellen Vorkenntnissen und Erfahrungen.

Der Vorstand leitet die Gesellschaft in eigener Verantwortung. Der Aufsichtsrat überwacht die Geschäftsführung. Die Mitglieder beider Gremien haben dabei die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters beziehungsweise -überwachers anzuwenden. Dies ist nur möglich, wenn sie über profundes Fachwissen und Kenntnisse rechtlicher Rahmenbedingungen verfügen und sich hinsichtlich allgemeiner und rechtlicher Neuerungen auf dem Laufenden halten. Auch haben zahlreiche Gesetzesinitiativen auf nationaler und europäischer Ebene dazu beigetragen, dass insbesondere das Aufgabenportfolio des Aufsichtsratsrats in den vergangenen Jahren stetig gewachsen ist. Gerade für Aufsichtsräte gilt es daher heutzutage, sich noch breiter aufzustellen, um den vielfältigen Anforderungen ihrer Rolle gerecht zu werden.

Rechtliche Rahmenbedingungen und Vorgaben

Konkrete gesetzliche Regelungen zu Fort- und Weiterbildung gibt es kaum. Lediglich das Kreditwesengesetz regelt, dass die Institute verpflichtet sind, angemessene personelle und finanzielle Ressourcen einzusetzen, um den Mitgliedern des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans die Einführung in ihr Amt zu erleichtern und die Fortbildung zu ermöglichen, die zur Aufrechterhaltung der erforderlichen Sachkunde notwendig ist (§ 25d Abs. 4 KWG).

Einschlägige Urteile leiten die Verpflichtung zur Fort- und Weiterbildung insbesondere beim Aufsichtsrat aus den allgemeinen Sorgfaltspflichten ab und fordern, dass die Mitglieder über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen oder aber gefordert sind, sich diese anzueignen, um alle üblicherweise anfallenden Geschäftsvorfälle auch ohne fremde Hilfe verstehen und beurteilen zu können.


Eine angemessene Fort- und Weiterbildung liegt grundsätzlich in der persönlichen Verantwortung eines jeden Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieds.


Der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) enthält seit dem Jahr 2010 einen Grundsatz zur Eigenverantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder mit Blick auf ihre Fort- und Weiterbildung sowie eine Empfehlung für eine angemessene Unterstützung durch die Gesellschaft. Im Zuge der grundlegenden Reform im Jahr 2019 wurde eine Transparenzempfehlung aufgenommen, dass über durchgeführte Maßnahmen im Bericht des Aufsichtsrats berichtet werden soll.

Eine systematische Fort- und Weiterbildung ist erforderlich, damit die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder während der Dauer ihres Mandats den erforderlichen Wissensstand aufrechterhalten. Die Anforderungen an ihre jeweiligen Aufgaben unterliegen aufgrund des dynamischen regulatorischen Umfelds, möglichen Änderungen im Geschäftsmodell der Gesellschaft sowie Trends und Entwicklungen in der Branche und bei den allgemeinen wirtschaftlichen Gegebenheiten einem stetigen Wandel.

Für die Gesamtgremien sollte ein generelles Training stattfinden, welches insbesondere regelmäßige Updates zu gesetzlichen Neuerungen beinhaltet, etwa im Bereich Nachhaltigkeit und Digitalisierung/Cybersicherheit sowie zu aktuellen Praxis- und Branchenentwicklungen. Für den Aufsichtsrat sollten auch Änderungen im Unternehmen, zum Beispiel beim Produktportfolio, inkludiert werden. Das generelle sollte durch spezifisches Training für ausgewählte Personen(-gruppen) ergänzt werden. Dies können etwa Schulungen für Ausschüsse mit einer höheren Detailtiefe oder individuelle Trainings sein, um Wissen in bestimmten Themenbereichen gezielt auszubauen.

Insbesondere für den Gesamtaufsichtsrat können mithilfe gezielter schriftlicher Abfragen bei den Mitgliedern oder im Rahmen der Selbstbeurteilung des Aufsichtsrats nach Empfehlung D.12 des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) Themen oder Themenfelder identifiziert werden, die sodann bei der nächsten Fortbildung Berücksichtigung finden.

In der Praxis haben sich für Aufsichtsratsmitglieder mindestens eintägige beziehungsweise zwei halbtägige Schulungen pro Jahr etabliert, die fest in den Sitzungskalender integriert werden. Sie werden etwa im zeitlichen Zusammenhang mit einer planmäßigen Aufsichtsratssitzung oder aber mit einer Klausurtagung angeboten. Aktuelle Themen, häufig moderiert durch den Abschlussprüfer oder andere externe Dienstleister, werden mit internen Referenten zu Entwicklungen der Gesellschaft oder spezifischen Gegebenheiten kombiniert, etwa beim Risikomanagement- oder dem Internen Kontrollsystem.

Auch wenn die Unternehmen ihren Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern gewisse Fortbildungsangebote machen und die Teilnahme auch dokumentierten sollten, sind die Organmitglieder explizit aufgefordert, selbständig eigenen Schulungsbedarf zu identifizieren. Bei Themen, die nicht durch die Unternehmen abgedeckt werden können, sollten sich Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder aktiv um entsprechende Fortbildungsmaßnahmen bemühen. Häufig unterstützen die Gremienbüros bei der Suche von entsprechenden externen Veranstaltungen oder individuellen Angeboten.

Sie möchten mehr über unser Fort- und Weiterbildungsprogramm für Vorstände und Aufsichtsräte erfahren?

Unser Angebot umfasst die individuelle, themenspezifische Einführung (Onboarding) von neuen Mitgliedern in ihr Mandat ebenso wie Fortbildungen und Vorträge für einzelne Mitglieder bzw. das gesamte Gremium.

Kollegen diskutieren Ideen in einem Konferenzraum mit Glaswänden.

Onboarding neuer Aufsichtsrats- und Vorstandsmitglieder

Eine Sonderform des individuellen Trainings stellt das sogenannte Onboarding dar. Diese bedarfsgerechte Einführung in ein neues Mandat oder eine neue Funktion, wie etwa den Aufsichtsratsvorsitz, einen Ausschussvorsitz oder auch eine Ausschussmitgliedschaft, kann maßgeblich dazu beitragen, dass sich ein (neues) Organmitglied wesentlich schneller integriert und seinen Rechten und Pflichten vollumfänglich nachkommen kann. Das generelle Onboarding ist völlig unabhängig vom individuellen Wissensstand des neuen Mitglieds. Bei der Mandatsübernahme soll es eine schnelle Orientierung hinsichtlich Struktur und Unternehmenswerten, Geschäftsmodell, Risikokultur und -profil sowie der Governance-Regelungen des spezifischen Unternehmens erhalten. Zudem ist es erforderlich, die mit einer neuen Rolle verbundenen Aufgaben und Verantwortlichkeiten zu verstehen, die ebenfalls unternehmensspezifisch in Satzung, Geschäftsordnung und weiteren Richtlinien definiert sind.


Ein gutes Onboarding ist unabdingbar und unabhängig vom individuellen Kenntnisstand eines neuen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieds – insbesondere, wenn das neue Mitglied keine vorhergehenden Tätigkeiten in der Gesellschaft vorweisen kann.


Da der Aufsichtsrat nur zu wenigen Terminen pro Jahr zusammentrifft, sollte gerade für neue Mitglieder dieses Gremiums überlegt werden, ein persönliches Gespräch mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden oder einem langjährigen Aufsichtsratsmitglied in das Onboarding aufzunehmen. In diesem Gespräch können nicht nur persönliche Erfahrungen ausgetauscht, sondern auch Einblicke in die Gremienkultur gegeben und Besonderheiten der Gesellschaft diskutiert werden.

 

Das generelle Onboarding sollte bei Bedarf durch funktions- und personenbezogene Onboarding-Maßnahmen ergänzt werden, zum Beispiel eine Einführung in die Tätigkeit eines bestimmten Aufsichtsratsausschusses oder in Branchenspezifika.

Fazit

Jedes Unternehmen sollte ein festes Fort- und Weiterbildungsprogramm sowie Onboarding-Maßnahmen für seine Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder definieren und dabei Verantwortlichkeiten, Umfang und Häufigkeit festlegen. Ebenso sollten für Onboarding und Training angemessene finanzielle und personelle Ressourcen festgelegt werden.

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