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EMEIA Board Agenda 2025

Wie Vorstände und Aufsichtsräte in dem aktuell anspruchsvollen Geschäftsumfeld navigieren und die Zukunft ihres Unternehmens gestalten können.


Überblick

  • Aufgrund zunehmender Spannungen weltweit bleibt Geopolitik ein wichtiges Thema für Vorstände und Aufsichtsräte in EMEIA.
  • Sie müssen die technologische Entwicklung im Auge behalten, insbesondere die Transformation und Cybersicherheit, um ihr Unternehmen zu unterstützen.
  • Zuverlässige Informationen, fachkundiger Rat und die Fähigkeit, das Management kritisch zu hinterfragen, sind für Aufsichtsräte von entscheidender Bedeutung.

Vorstände und Aufsichtsräte in Europa, dem Nahen Osten, Indien und Afrika (EMEIA) agieren unter äußerst herausfordernden Marktbedingungen. Während die Zinssätze hoch bleiben und ein signifikanter Anstieg des globalen Wachstums in naher Zukunft unwahrscheinlich erscheint, haben die geopolitischen Spannungen 2024 weiter zugenommen. Darüber hinaus müssen Gremienmitglieder durch eine scheinbar endlose Welle neuer Regulierungen navigieren und versuchen zu verstehen, wie künstliche Intelligenz (KI) und andere aufkommende Technologien das Geschäftsmodell ihrer Unternehmen transformieren und die Wettbewerbsfähigkeit steigern können.

Nachhaltigkeit bleibt ein weiterer Themenschwerpunkt der Board Agenda. Im Zuge der CSRD-Implementierung sind Vorstände und Aufsichtsräte dabei zu erfahren, wie sie die Informationen aus der doppelten Wesentlichkeitsanalyse und der Nachhaltigkeitsberichterstattung nutzen können, um die Unternehmensstrategie weiterzuentwickeln. Zudem gilt es auch zu analysieren, wie sich der Fachkräftemangel und die demografische Entwicklung auf die eigene Belegschaft und das Unternehmen auswirken.

Um die Prioritäten im Jahr 2025 zu identifizieren, wie vor allem Aufsichtsratsmitglieder ihre Unternehmen in den nächsten zwölf Monaten am besten unterstützen können und welche Fragen sie dem Management stellen sollten, haben die EY-Teams qualitative Recherchen durchgeführt. Die EMEIA Board Priorities 2025 basieren auf Interviews mit EY-Experten sowie dem Global Head of Risk Management and Corporate Governance for Policy and Insights der Association of Chartered Certified Accountants (ACCA). Darüber hinaus stützt sich der Bericht auf die ACCA/Institute of Management Accountants (IMA) Global Risks Surveys (2024). Die für die Studie Befragten der Region EMEIA identifizierten drei Kernrisiken:

One person admiring the Ouse Valley Viaduct, England
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Kapitel 1

Geopolitische Volatilität und Resilienz

Der EY 2025 Geopolitical Outlook zeigt: Protektionismus, volatile Märkte und gestörte Lieferketten fordern Unternehmen heraus.

Die geopolitische und wirtschaftliche Unsicherheit ist wohl die größte Herausforderung, vor der Vorstände und Aufsichtsräte in EMEIA heute stehen. Dazu gehören nicht nur der Krieg in der Ukraine und die Situation im Nahen Osten, sondern auch erhöhte politische Spannungen und gestörte globale Lieferketten.
 

Laut dem EY 2025 Geopolitical Outlook gibt es drei Schlüsseltrends, die die finanzielle und operative Resilienz von Unternehmen im Jahr 2025 weiter auf die Probe stellen. Nach Wahlen und Führungswechseln in vielen Ländern weltweit werden die neu gewählten Regierungen nun ihre Programme umsetzen müssen. Dabei werden wirtschaftlicher Wettbewerb und Staatensouveränität im Fokus stehen und die Regierungen werden versuchen, ihre Hoheit durch Industriepolitik und Handelsprotektionismus, einschließlich Zöllen, zu sichern. Die Fortsetzung der politischen Spannungen wird die Lieferketten weiter stören.
 

Darüber hinaus zeichnet sich eine Entkopplung der Weltwirtschaft ab – ein Übergang von einem verbundenen, globalisierten Modell zu eher lokalen Modellen. Vorstände und Aufsichtsräte sollten sich der operativen Auswirkungen dieser Entkopplung in Bezug auf Wechselkursschwankungen, Lieferketten und Marktnachfrage bewusst sein.
 

Der komplexe und volatile geopolitische Kontext schafft erhebliche finanzielle Risiken für die Unternehmen in EMEIA – Risiken, die schwer vorherzusagen sind. Dazu können die Notwendigkeit, Verbindlichkeiten zu höheren Zinssätzen umzuschulden, oder Veränderungen in den globalen Handelsströmen, die sich negativ auf Einnahmen und Gewinne auswirken, zählen. Die Risiken können nicht allein durch Effizienzsteigerungen und besseres Cash-Management abgefangen werden. In diesem schwierigen Umfeld müssen Vorstände und Aufsichtsräte breiter denken. Sehr oft ist eine gründliche Überprüfung der Strategie erforderlich, die auch zu einer Anpassung des Geschäftsportfolios führen kann, sodass Teile des Geschäfts ausgegliedert und verkauft werden müssen.
 

KI-Tools können Vorständen und Aufsichtsräten tiefere Einblicke bieten, um sie bei der Planung zukünftiger Bedrohungen und einer informierten Entscheidungsfindung zu unterstützen oder auch um umfangreiche Risikoberichte zusammenzufassen.

Kernfragen für den Aufsichtsrat

Um in Zeiten großer geopolitischer Unsicherheiten die finanzielle Resilienz des Unternehmens zu stärken, können Aufsichtsräte folgende kritische Fragen stellen:

  • Besitzen wir das richtige Fachwissen und die Fähigkeiten innerhalb des Unternehmens, um geopolitische Risiken effektiv zu überwachen, zu analysieren und zu interpretieren?
  • Wie wird die Analyse geopolitischer Risiken in die umfassende strategische Planung und die Risikomanagementprozesse integriert?
  • Welche Szenarioanalysen wurden durchgeführt, um verschiedene geopolitische Ereignisse, deren potenzielle Konsequenzen und die geplanten Reaktionen zu modellieren?
  • Werden regelmäßig verschiedene wirtschaftliche und politische Zukunftsszenarien betrachtet und angemessene Reaktionen auf mögliche Situationen entwickelt?
  • Wie kann die Lieferkette diversifiziert werden, um ihre Resilienz und die Fähigkeit erhöhen, unerwartete Krisen zu bewältigen?
Male traveler and bag at Airport
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Kapitel 2

Gestaltung der Belegschaft von morgen

Hybride Arbeitsmodelle, Fachkräftemangel und KI-Integration prägen die Beschäftigungslandschaft in EMEIA.

Einige bedeutende Trends verändern die Beschäftigungslandschaft in EMEIA. Dazu gehören die weitere Etablierung von Remote- und Hybrid-Arbeitsmodellen, technologischer Fortschritt und ein Fachkräftemangel in vielen Branchen. Darüber hinaus ist die heutige Gesellschaft durch einen stärkeren Fokus auf Gesundheit und Wohlbefinden sowie durch bemerkenswerte demografische Veränderungen geprägt. Immer mehr Personen aus der Gen Z treten in den Arbeitsmarkt ein, während die Gesamtbelegschaft aufgrund einer höheren Lebenserwartung und sinkender Geburtenraten altert.

Ein besonderes Augenmerk sollte auch auf die effektive Integration neuer, KI-gestützter Tools in die Arbeitsabläufe gelegt werden. Einige Mitarbeitende könnten aus Angst, ihre Arbeitsplätze an die Technologie zu verlieren, eine ablehnende Haltung zur Einführung neuer Tools haben. Daher ist es entscheidend, auf diese Ängste durch vorausschauende Kommunikation einzugehen und sich zu einem Ansatz zu verpflichten, der die Menschen ins Zentrum der Transformation stellt.

Im EY 2024 Work Reimagined Survey gaben 38 Prozent der befragten Arbeitnehmer an, dass sie im nächsten Jahr wahrscheinlich kündigen werden. Daher müssen die Anwerbung und die Bindung von Talenten im Jahr 2025 eine Priorität für Vorstände und Aufsichtsräte sein.

In Zukunft werden sich widerstandsfähige Organisationen von einem traditionellen Ansatz des Talentmanagements, der sich auf formale Bildungsabschlüsse und einen linearen Karriereweg konzentriert, abwenden müssen. Stattdessen werden sie einen stärker kompetenzbasierten Ansatz verfolgen, bei dem die Mitarbeitenden ermutigt werden, zukunftsorientierte Fähigkeiten und Kompetenzen zu entwickeln und flexible Jobrollen und Karrierewege zu übernehmen.

Kernfragen für den Aufsichtsrat

Um die Unternehmen dabei zu unterstützen, die Belegschaft von morgen zu gestalten, können Aufsichtsräte folgende kritische Fragen stellen:

  • Unterstützt die Talentstrategie unmittelbar die langfristige Unternehmensstrategie und welche Kennzahlen werden verwendet, um ihre Effektivität zu messen?
  • Welche Strategien sind umgesetzt, um Top-Talente in einem sich schnell verändernden Arbeitsmarkt zu gewinnen und zu halten?
  • Wie wird angesichts des technologischen Fortschritts und sich ändernder Marktbedingungen der zukünftige Talentbedarf prognostiziert?
  • Welche kritischen Qualifikationslücken bestehen im Unternehmen und welche Schritte werden unternommen, um identifizierte Lücken zu schließen?
  • Sind in einem Umfeld mit knappen Talenten und eingeschränkter Mobilität in einigen Märkten ausreichend vielfältige Talente vorhanden, um fundierte Entscheidungen zu treffen?
Rear view of asian woman in tunnel
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Kapitel 3

Technologie, digitale Transformation und Cybersicherheit

Unternehmen müssen KI strategisch nutzen, Cyberrisiken managen und die digitale Resilienz stärken.

KI und andere aufkommende Technologien werden die Geschäftswelt verändern: Eine EY-Analyse schätzt, dass die GenAI-Revolution allein das globale BIP in den nächsten zehn Jahren um 1,7 Billionen auf 3,4 Billionen US-Dollar steigern und mehr als die Hälfte der globalen Arbeitskräfte erheblich beeinflussen könnte. Daher gehört die Überwachung der Einführung von KI-Systemen mit zu den größten Chancen und Herausforderungen für Aufsichtsräte. Sie sollten hinterfragen, ob der Umgang des Unternehmens mit KI mit dem übergeordneten Zweck und der Strategie in Einklang steht oder ob die rasanten Fortschritte in der KI eine strategische Neubewertung erfordern.

Um in der Zukunft erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen den Nutzen von KI-Systemen erfassen und umsatzgenerierende Produkte und Dienstleistungen entwickeln. Während viele Unternehmen Pilotprojekte durchführen, sehen wir bislang nur wenige vollständig umgesetzte Lösungen. Gleichzeitig machen sich viele Unternehmen Sorgen, von Wettbewerbern überholt zu werden, wenn sie nicht hinreichend in KI investieren.

Die Unternehmen müssen alle daten- und technologiebezogenen Vorschriften in den Märkten, in denen sie tätig sind, einhalten. Weltweit führen Jurisdiktionen spezifische Gesetze und Richtlinien für KI ein, wobei der EU AI Act eine globale Vorreiterrolle übernimmt. Auch Cybersicherheit und Datenschutz stehen unter regulatorischer Beobachtung, wobei die Aufsichtsbehörden zunehmend auf digitale Resilienz im Falle eines Cyberangriffs fokussiert sind.


Gute Cyber Governance beginnt mit der Klarheit über Rollen und der Antwort auf die Frage, bei wem die Verantwortung für Cyberrisiken liegt.


Digitale Resilienz ist entscheidend für den Schutz kritischer Geschäftssysteme und -infrastrukturen sowie zur Minimierung physischer und betrieblicher Störungen. Daher sollten Aufsichtsräte sicherstellen, dass das Management von Cyberrisiken in das Risikomanagementsystem des Unternehmens integriert ist und dass externe Abhängigkeiten, etwa von Drittanbietern, erkannt und auf Schwachstellen analysiert werden. Das Unternehmen sollte auch in Betracht ziehen, wie die digitale Resilienz durch ein physisches Ereignis, etwa ein extremes Wetterereignis oder das Zerschneiden eines Unterseekabels, beeinträchtigt werden könnte.

DEI (Diversität, Gleichheit und Inklusion) ist integraler Erfolgsfaktor bei der digitalen Transformation und der Cybersicherheit. Das Management von Cyberrisiken ist sehr komplex, deshalb braucht es Menschen, die das Geschäft, die Technologie und die Prozesse verstehen. Bei diversen Teams steigt die Wahrscheinlichkeit, dass man über all diese Fähigkeiten verfügt.

Kernfragen für den Aufsichtsrat

Um die Transformation in einer Ära schneller Innovationen, regulatorischer Veränderungen und steigender Cyberbedrohungen zu unterstützen, können Aufsichtsräte folgende kritische Fragen stellen:

  • Inwieweit stimmt die KI- und Digitalstrategie mit den übergeordneten Unternehmenszielen überein und welche messbaren Ergebnisse werden angestrebt?
  • Welches Governance-Rahmenwerk und welche ethischen Richtlinien sind für die verantwortungsvolle Entwicklung und Implementierung von KI etabliert?
  • Wie werden potenzielle Risiken im Zusammenhang mit KI, einschließlich Cybersicherheit, Datenschutz und Vorbehalten, bewertet und gemindert?
  • Ist das Management von Cyberrisiken in das Risikomanagementsystem integriert?
  • Wie wird sichergestellt, dass die richtigen Talente in ausreichender Vielfalt und mit den richtigen Fähigkeiten im Unternehmen vorhanden sind, um die KI- und die anderen digitalen Transformationsbemühungen voranzutreiben?
     
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Kapitel 4

Integration von Nachhaltigkeit im Geschäftsmodell

Fünf zentrale Prinzipien helfen, nachhaltige Geschäftsmodelle zu etablieren.

Um das Unternehmen zukunftssicher zu machen, müssen Aufsichtsräte die Transformation zu einem nachhaltigen Geschäftsmodell effektiv beaufsichtigen. Die EY New Economy Unit Beyond sustainability as usual betont fünf zentrale Prinzipien für eine nachhaltige Zukunft:

  • Suffizienz: Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen basierend auf Bedürfnissen
  • Zirkuläre Geschäftsmodelle: Harmonisierung von Produktion und Konsum mit natürlichen Ökosystemen
  • Systemdenken: Bewertung der Auswirkungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette
  • Mensch und Umwelt: Priorisierung des Wohlbefindens bei der Wertschöpfung
  • Gerechtigkeit und Fairness: Sicherstellung von gemeinsamem und nachhaltigem Wohlstand

Der 2024 EY Global Corporate Reporting Survey zeigt einige erhebliche Herausforderungen in der Praxis. Nur 47 Prozent der Finanzverantwortlichen halten die Erreichung der wichtigsten Nachhaltigkeitsziele, einschließlich der Netto-Null-Ziele, für sehr wahrscheinlich. Das 2024 EY Climate Action Barometer stellt fest, dass weniger als die Hälfte (41 Prozent) der großen Unternehmen weltweit einen Übergangsplan zur Minderung des Klimawandels veröffentlicht hat. Dies könnte daran liegen, dass Unternehmen zögern, sensible Geschäftsinformationen offenzulegen, oder Vorwürfe des Greenwashings oder rechtliche Auseinandersetzungen befürchten. Alternativ könnten sie aber auch aufgrund des hohen Investitionsbedarfs und des unsicheren politischen und regulatorischen Umfeldes Schwierigkeiten haben, ausreichende Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen.


Es gilt, kurzfristige betriebliche Drucksituationen mit dem langfristigen Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft in Einklang zu bringen.


Derzeit steht bei vielen Unternehmen die Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und anderer Vorschriften zur Nachhaltigkeitsberichterstattung im Fokus, sodass zusätzliche Kapazitäten für die Transformation des Geschäftsmodells rar sind. Sind die Weichen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung gestellt, werden die Unternehmen vermehrt in der Lage sein, ihre Aufmerksamkeit von der Einhaltung von Berichtsanforderungen auf die Transformation zu verlagern.

Kernfragen für den Aufsichtsrat

Um die Integration von Nachhaltigkeit in das Geschäftsmodell des Unternehmens weiter voranzutreiben, können Aufsichtsräte folgende kritische Fragen stellen:

  • Wie passen wir uns der kurzfristigen Realität der Klima- und Naturkrisen und der langfristigen Realität der zukünftigen Welt an?
  • Wie bereiten wir uns auf potenziell disruptive, nachhaltigkeitsbezogene Szenarien vor?
  • Wie können wir den Prozess und die Ergebnisse der Nachhaltigkeitsberichterstattung nutzen, um unsere langfristige Strategie weiterzuentwickeln?
  • Wie nutzen wir unsere Ressourcen am effektivsten, um Nachhaltigkeit in unser Geschäftsmodell zu integrieren?
  • Steht unsere Wertschöpfungskette in Einklang mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie und der Verantwortung für die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt?
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Kapitel 5

Navigation durch Compliance- und regulatorische Herausforderungen

CSRD, CS3D, DORA und NIS2: Globale Unternehmen müssen sich auf wachsende Regulierungen einstellen.

Die weltweit unterschiedliche Nachhaltigkeitsregulierung schafft ein ungleiches Spielfeld für global agierende Unternehmen – eine strategische Herausforderung, der sich Vorstände und Aufsichtsräte stellen müssen. Für große Organisationen, die in der EU ansässig oder tätig sind, ist die Einhaltung der CSRD eine große Herausforderung, da sie die größte Veränderung in der Unternehmensberichterstattung seit Jahrzehnten markiert. Die Unternehmen befinden sich auf unterschiedlichen Stufen auf ihrem Weg zur CSRD-Implementierung, abhängig davon, ob sie bereits 2025 im Rahmen der ersten Phase berichten müssen oder erst später.

Darüber hinaus müssen sich die Unternehmen auch auf die Umsetzung der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CS3D) vorbereiten, die ab Juli 2028 schrittweise eingeführt werden soll. Unter der CS3D haben Unternehmen eine zivilrechtliche Haftung für ihre Tätigkeiten in der Lieferkette. Deshalb müssen sie tief bohren, um ihre Lieferanten kennenzulernen. Während die Richtlinie bei großen, global agierenden Unternehmen für einige Nervosität sorgt, bietet sie auch eine Gelegenheit, mit den Geschäftspartnern näher in Kontakt zu treten und positive Narrative für die Marke zu generieren.

Die EU-Verordnung 2022/2554 über die digitale operationale Resilienz im Finanzsektor (Digital Operational Resilience Act, kurz DORA) zielt darauf ab, die IT-Sicherheit zu stärken. Seit dem 17. Januar 2025 verlangt die Verordnung von Finanzunternehmen ein umfassendes Rahmenwerk für das Risikomanagement von Informationen, Kommunikation und Technologie (IKT) sowie Mechanismen zur schnellen Erkennung und Meldung von IKT-bezogenen Vorfällen an die zuständige Aufsichtsbehörde. Auch Technologieanbieter, die den Finanzsektor bedienen, fallen unter diese Regeln. Dazu gehören Anbieter von Cloud Computing, Datenanalysen, Rechenzentrums- und Softwarediensten.

Eine weitere bedeutende Regulierung, die auf digitale Resilienz abzielt, ist die Network and Information Security Directive 2 der EU (NIS2-Richtlinie). NIS2 verlangt von Unternehmen in kritischen Sektoren, einschließlich digitaler Infrastruktur, Energie und Finanzdienstleistungen, ihre Sicherheitsmaßnahmen zu verbessern, die Sicherheit ihrer Lieferketten zu gewährleisten und alle Cybervorfälle den zuständigen Behörden zu melden.

Während die Regulierungsdichte in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat, beginnt sich ein neuer Trend abzuzeichnen: Deregulierung. Um die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu steigern, hat die EU eine Initiative mit dem Ziel eingeleitet, die administrativen, regulatorischen und Berichtspflichten für Unternehmen drastisch zu reduzieren und gleichzeitig die Klimaziele aufrechtzuerhalten. In vielerlei Hinsicht ist dies eine willkommene Entwicklung, die jedoch potenziell neue Herausforderungen für die Aufsichtsräte mit sich bringt.

Kernfragen für den Aufsichtsrat

Um das Unternehmen bei der Bewältigung von regulatorischen Neuerungen und Compliance-Herausforderungen zu unterstützen, können Aufsichtsräte folgende kritische Fragen stellen:

  • Wie fördert das Management die Compliance-Kultur und welche Mechanismen sind vorhanden, um eine konsistente Verantwortlichkeit auf allen Unternehmensebenen sicherzustellen?
  • Wie sieht der Prozess zur Bewertung und Priorisierung von Compliance- und Ethikrisiken im Unternehmen aus und wie oft wird diese Bewertung aktualisiert?
  • Wie werden Non-Compliance-Fälle innerhalb des Unternehmens eskaliert und welche Kriterien sind definiert, wann ein Thema dem Aufsichtsrat zur Kenntnis gebracht wird?
  • Verfügt die Compliance-Funktion über ausreichende Ressourcen, Befugnisse und Unabhängigkeit, um ihre Aufgaben effektiv wahrzunehmen?
  • Welcher Prozess ist für das Scannen regulatorischer Entwicklungen eingerichtet?
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Kapitel 6

Board Agenda 2030

Von selektiver Globalisierung über KI bis hin zu neuer Wertschöpfung – Aufsichtsräte müssen sich auf Veränderungen einstellen.

Unternehmen, ihre Vorstände und Aufsichtsräte müssen ständig neue Herausforderungen und Chancen bewältigen. Welche Themen werden wohl in fünf Jahren auf der Aufsichtsratsagenda stehen? Die Recherche zeigt einige Trends auf:

  1. Selektive Globalisierung: Mit dem Übergang zu einer zunehmend gespaltenen, multipolaren Welt, die möglicherweise Handelskriege und erhöhte Sicherheitsbedenken mit sich bringt, könnten Unternehmen unter Druck geraten, ihre Lieferketten zu entlasten. Dies würde eine engere Zusammenarbeit mit Lieferanten in freundlich gestimmten Jurisdiktionen erfordern. Der Druck zu „friend shoring“ wird für Unternehmen, die in einem vom Land als strategisch wichtig erachteten Sektor tätig sind, wahrscheinlich größer sein.
  2. Multigenerationale Belegschaft: Das Talentmanagement wird in fünf Jahren voraussichtlich ein noch ausgeprägteres Thema sein, da ältere Arbeitnehmer einen größeren Anteil an der Gesamtbelegschaft ausmachen. Vorstände und Aufsichtsräte müssen überlegen, wie sie Talente kontinuierlich umschulen und weiterbilden können, damit ihre Belegschaft in der Lage ist, neue Technologie zu nutzen und in einer sich schnell verändernden Welt erfolgreich zu sein.
  3. KI-gesteuerte Transformation: Künstliche Intelligenz entwickelt sich rasant und wird wahrscheinlich noch einige Zeit die Aufmerksamkeit der Aufsichtsräte auf sich ziehen. Bis 2030 werden sich Aufsichtsräte wahrscheinlich auf die strategischen Aspekte von KI konzentrieren. Dabei werden sie auch die Anwendungsfälle allgemein sowie für Blockchain und Quantencomputing erkunden. Zudem werden KI-Tools voraussichtlich auch im Aufsichtsrat selbst Einzug halten.
  4. Wertschöpfung: Bis 2030 sollte Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie integriert sein und in einer breiten Definition von Unternehmenswert münden, der finanzielle, ökologische und soziale Aspekte kombiniert. Unternehmen werden zunehmend nicht nur für ihre Dekarbonisierungsstrategie unter die Lupe genommen, sondern auch für ihre „licence to operate“ zur Verantwortung gezogen werden. Von den Unternehmen wird erwartet, dass sie in verschiedenen Bereichen, von öffentlicher Gesundheit und Wohlbefinden bis hin zu Umweltschutz, Cybersicherheit und Talententwicklung, einen positiven Beitrag für die Gesellschaft leisten. Der Finanzvorstand könnte sich zu einem Chief Value Officer weiterentwickeln.
  5. Regulierung, Deregulierung und regulatorische Fragmentierung: Vorstände und Aufsichtsräte sind Regulierung gewohnt. Bis 2030 müssen sie jedoch eine herausfordernde Kombination aus Regulierung, Deregulierung und regulatorischer Fragmentierung in verschiedenen Bereichen, von Cybersicherheit bis hin zu Nachhaltigkeit und Steuern, navigieren.

Zusammenfassung und Ausblick

Im Jahr 2025 werden die EMEIA-Aufsichtsräte weiterhin mit einer herausfordernden geopolitischen, wirtschaftlichen und regulatorischen Landschaft konfrontiert. Um ihr Unternehmen zu unterstützen, müssen sie eine effektive Aufsicht über die Geschäftsstrategie und das Risikomanagement bieten. Sie sollten weiterhin gut informiert bleiben, Kapazitäten in Schlüsselthemen wie Geopolitik, Regulierung und Technologie aufbauen, Expertenrat einholen und dem Management kritische Fragen stellen. Sie sollten verstehen, was jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied an Erfahrungen und Stärken einbringt, und bereit sein, die Gremienzusammensetzung zu überprüfen.

Langfristig sollten Aufsichtsräte ihre Arbeitsweise weiterentwickeln, um auf ein noch breiteres Wissen, Perspektiven und Fähigkeiten außerhalb des traditionellen Aufsichtsrats- und Ausschussmodells zuzugreifen. Denkbare Optionen umfassen neben regelmäßigen Updates von internen und externen Experten zu aktuellen Themen die Ernennung interner und externer Berater mit spezifischer Fachkompetenz sowie die Einrichtung von Taskforces und unabhängigen Beiräten/Councils.

EMEIA Board Agenda 2025

Wie können Aufsichtsräte ihre Unternehmen im kommenden Jahr bestmöglich unterstützen? Ein Blick auf die Top-Prioritäten für 2025.

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Fazit

Vorstände und Aufsichtsräte in EMEIA stehen vor geopolitischen Unsicherheiten, regulatorischer Komplexität und disruptiven Technologien. Um Unternehmen erfolgreich durch diese Herausforderungen zu steuern, sind eine vorausschauende Strategie, fundierte Entscheidungsprozesse und eine kontinuierliche Anpassung der Governance erforderlich.

Effektive Gremien setzen auf Fachwissen, datenbasierte Analysen und enge Zusammenarbeit mit dem Management. Die Integration von Nachhaltigkeit, digitale Transformation und ein zukunftsorientiertes Talentmanagement werden entscheidend sein. Gleichzeitig erfordert die zunehmende Regulierung eine proaktive Herangehensweise, um Compliance sicherzustellen und Chancen zu nutzen.

Die Board Agenda 2025 zeigt: Erfolgreiche Unternehmen sind anpassungsfähig, resilient und bereit, neue Wege zu gehen.

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