Fast anderthalb Jahre brauchte das Bundesfinanzministerium, um das Anwendungsschreiben zu § 4k EStG zu finalisieren (Betriebsausgabenabzug bei Besteuerungsinkongruenzen). Ein zusätzliches Beispiel, eine weitere Randziffer und eine Reihe von Anpassungen wurden im Vergleich zur Entwurfsfassung aufgenommen. Ein überraschendes Ergebnis, wenn man die umfangreichen Einsendungen der Verbände bedenkt. Das BMF verzichtete auf die Aufnahme zusätzlicher praxisrelevanter Beispiele sowie auf Klarstellungen oder Vereinfachungen hinsichtlich der Dokumentations- und Nachweiserfordernisse für US-Inbound-Strukturen, die in der Praxis wohl den Hauptanwendungsfall der Norm darstellen dürften. Dennoch lassen die getroffenen Änderungen aus Sicht der Steuerpflichtigen einzelne positive Rückschlüsse zu, die ein Einlenken der Finanzverwaltung erkennen lassen.
Hintergrund
§ 4k EStG versagt den Betriebsausgabenabzug für Aufwendungen in Deutschland, soweit die den Aufwendungen entsprechenden Erträge aufgrund einer hybriden Besteuerungsinkongruenz nicht oder – im Falle von Finanzierungstransaktionen – niedriger besteuert werden oder soweit Aufwendungen doppelt abgezogen werden. Dies gilt auch, wenn die Inkongruenz im Ausland entsteht, dort nicht korrigiert und ins Inland importiert wird.
Die Vorschrift ist die deutsche Umsetzung der in der EU-Richtlinie zur Bekämpfung der Steuervermeidung (ATAD) vorgesehenen Anti-Hybrid-Regelung. Obwohl das Gesetzgebungsverfahren zum ATAD-UmsG, in dem die Regelungen zu § 4k EStG enthalten sind, erst Mitte des Jahres 2021 beendet wurde, sind die Regelungen erstmals auf Aufwendungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 entstanden sind. Ob sich die Anwendungsregelung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz vereinbaren lässt, dass eine bereits entstandene Steuerschuld durch den Gesetzgeber nachträglich nicht mehr geändert werden kann (Verbot der echten Rückwirkung), ist kritisch zu hinterfragen. Auf eine abschließende Klärung durch das Bundesverfassungsgericht in der Zukunft ist zu hoffen.
Herausforderungen für die Praxis
Für die Beratungspraxis stellt § 4k EStG gleich in mehrfacher Hinsicht eine große Herausforderung dar, weshalb das finale Anwendungsschreiben mit Spannung erwartet wurde. Neben der rückwirkenden Anwendung ist die Vorschrift selbst komplex formuliert, verwendet viele auslegungsbedürftige Tatbestandsmerkmale und ist im Kontext der importierten Besteuerungsinkongruenz regelmäßig über mehrere Stufen zu prüfen. Erschwert wird die Anwendung dadurch, dass die Beurteilung eines möglichen Betriebsausgabenabzugsverbots umfangreiche Kenntnisse des ausländischen Steuerrechts voraussetzt. Deshalb drängen sich unmittelbar Fragen rund um den Umfang der Mitwirkungspflicht und die Beweislastverteilung auf.
US-Inbound-Strukturen im Fokus
Insbesondere in US-Inbound-Strukturen sind hybride Ge-sellschaften aufgrund des US-Check-the-Box-Konzepts(„CTB election“) regelmäßig anzutreffen. Unter bestimmten Voraussetzungen können in- und ausländische Gesell-schaften unabhängig von der steuerlichen Qualifikation in ihrem Ansässigkeitsstaat für US-Steuerzwecke
- als steuerlich transparente Personengesellschaft (im Falle von mindestens zwei US-Gesellschaftern),
- als Nicht-Steuersubjekt („disregarded entity“) im Falle von nur einem US-Gesellschafter oder
- als intransparente Kapitalgesellschaft behandelt werden.
Dies führt in einem einfachen Beispielsfall mit einer Direktbeteiligung eines US-Alleingesellschafters an einer deutschen GmbH und der Ausübung dieses Wahlrechts zugunsten einer „disregarded entity“ zwangsläufig zu einer Anwendung des § 4k EStG. Grund dafür ist die Tatsache, dass die deutsche GmbH für US-Steuerzwecke als transparente ausländische Betriebsstätte behandelt wird, mit der Folge, dass das Ergebnis – und somit insbesondere auch die Aufwendungen („double deduction mismatch“ gem. § 4k Abs. 4 EStG) – in den USA steuerlich erfasst wird. Nach dem Gesetzeswortlaut ist es unerheblich, ob das Wahlrecht bewusst zur Erzielung einer Besteuerungsinkongruenz ausgeübt wurde oder andere (nichtsteuerliche) Gründe vorlagen. Kollateralschäden sind damit in typischen US-Inbound-Strukturen vorprogrammiert, wie das nachfolgende Beispiel verdeutlicht: