Gelbe Schranke im Parkahaus

Wie die neue Zinsschranke den Zinsabzug erschwert

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Die Finanzverwaltung sorgt im neuen BMF-Erlass für eine weite Begriffsauslegung und dehnt den Anwendungsbereich der Zinsschranke aus.


Überblick

  • Der neue BMF-Erlass erweitert den Anwendungsbereich der Zinsschranke erheblich und erfasst nun auch zinsähnliche Aufwendungen und Gebühren.
  • Unternehmen stehen vor neuen Herausforderungen, da die steuerliche Belastung durch die erweiterte Definition des Zinsbegriffs steigt und Ausnahmen eingeschränkt werden.
  • Die Finanzverwaltung interpretiert Aufwendungen und Erträge gleich, was zu Unsicherheiten führt und potenzielle Rechtsstreitigkeiten nach sich ziehen könnte.
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Hohe Energiekosten, Fachkräftemangel, neue Unsicherheiten in den internationalen Handelsbeziehungen und drückende Steuerlasten – als wäre dies nicht schon genug, erschwert die gesetzliche Verschärfung der Zinsschranke den Zinsabzug, indem sie den Umfang der unter die Regelung fallenden Zinsen stark ausweitet und die Nutzbarkeit der Ausnahmen einschränkt. Die Finanzverwaltung greift diese Steilvorlage nun für eine weitere Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 4h EStG auf. Das ergibt sich aus einem neuen Anwendungsschreiben, in dem das Bundesfinanzministerium seinen alten Zinsschrankenerlass aus dem Jahr 2008 überarbeitet hat. Angesichts stark gestiegener Zinsen sind inzwischen ohnehin viel mehr Unternehmen davon betroffen. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die neuen Regelungen und Ausnahmen der Zinsschranke und die Interpretation der Finanzverwaltung.

Deutscher Exportschlager

Während Deutschland bereits seit 2008 über eine entsprechende Missbrauchsvorschrift verfügt, hat die internationale Staatengemeinschaft erst ab 2015 koordinierte Maßnahmen mit der BEPS-Initiative festgelegt. Die EU zog 2016 mit der Veröffentlichung der ATAD nach und orientierte sich bei der Regelung zur Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Zinszahlungen weitestgehend am Aufbau der deutschen Vorschrift.

Grundprinzip

Ein Betrieb darf Zinsaufwendungen nur bis zur Höhe seiner Zinserträge und darüber hinaus nur bis zu einer Höhe von 30 Prozent des steuerlichen EBITDA abziehen. Die verbleibenden Zinsaufwendungen werden in die folgenden Wirtschaftsjahre vorgetragen. Ausnahmen gibt es, wenn erstens die Nettozinsaufwendungen unter 3 Millionen Euro liegen, zweitens der Betrieb eigenständig ist oder drittens dieser zu einem Konzern gehört und die Eigenkapitalquote des Betriebs die Eigenkapitalquote des Konzerns nicht unterschreitet. Die neuen Regelungen gelten bei einem kalendergleichen Wirtschaftsjahr seit 1. Januar 2024. Die Abbildung veranschaulicht die Funktionsweise der Zinsschranke: 

Langzeitbelichtung an einem Bahnuebergang. Ein beleuchteter Personenzug faehrt nachts an einer Schranke vorbei. Die Ampel leuchtet rot.

Erweiterte Definition

Mit der Änderung der Zinsschranke durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz im Jahr 2023 stehen die Betriebe vor neuen Herausforderungen. Durch die erweiterte Definition des Zinsbegriffs werden nicht mehr nur die klassischen Zinsen erfasst, sondern auch andere Kosten, die durch die Aufnahme von Fremdkapital entstehen. Dazu gehören beispielsweise zinsähnliche Aufwendungen und Gebühren für Finanzierungsverträge oder Aufwendungen, die bei der Beschaffung von Darlehen anfallen. Da dadurch deutlich mehr Aufwendungen unter die Zinsschranke fallen und diese mangels Zinserträgen oder eines verrechenbaren EBITDA nicht abgezogen werden dürfen, wird die steuerliche Belastung für viele Unternehmen steigen.

Infografik: Systematik der Zinsschranke (§ 4h EStG)

Der neue Erlass

Nach der Änderung der gesetzlichen Vorschrift veröffentlichte die Finanzverwaltung am 9. Oktober 2024 zunächst den Entwurf eines aktualisierten Anwendungsschreibens zur Zinsschranke. Am 24. März 2025 folgte das finale Anwendungsschreiben. Dieses befasst sich vor allem mit dem erweiterten Zinsbegriff. Aufgrund der Anpassung an die ATAD ist der Zinsbegriff ab dem Veranlagungszeitraum 2024 nun (sehr) weit auszulegen. Der neue Zinsschrankenerlass übernimmt die neue Definition der Zinsaufwendungen und -erträge aus § 4h Abs. 3 Satz 2, 3 EStG

Interpretationsspielraum

Besonders zu erwähnen ist, dass die Finanzverwaltung der Meinung ist, dass Aufwendungen und Erträge gleich zu behandeln sind. Konsequenterweise würde das bedeuten, dass alle Aufwendungen, die beim Zahler als Zinsaufwand angesehen werden, beim Empfänger zu einem Zinsertrag führen. Diese Interpretation ist angesichts des etwas unklaren Wortlauts im Gesetz zwar erfreulich, bietet jedoch keine absolute Rechtssicherheit im Falle eines Rechtsstreits. Gerichte sind nämlich nicht an die Auslegung der Finanzverwaltung gebunden. Eine günstige Verwaltungsmeinung könnte jedoch eine Vertrauensschutzposition für Steuerpflichtige schaffen und teilweise bindend sein.

Klarstellungen

Auch der neue Erlass stellt klar, dass nur Erträge und Aufwendungen aus der Überlassung von Geldkapital von der Zinsschranke erfasst sind. Diese Klarstellung ist zu begrüßen, da Vergütungen für Sachkapitalüberlassungen schlichtweg Miet- und Pachtzahlungen darstellen. Die Zinsen im Sinne der Zinsschranke wurden darüber hinaus insbesondere um die Regelbeispiele aus der ATAD sowie um einige weitere Geschäftsvorfälle erweitert. Dazu gehören unter anderem die in einem Vermögenswert aktivierten Zinsen, bestimmte Wechselkursgewinne, Aufwendungen für Auf- und Abzinsungen, fiktiver Zinsaufwand im Rahmen eines Vorteilsverbrauchs bei verdeckter Gewinnausschüttung sowie die Abtretung von Forderungen (Factoring/Forfaitierung).

Sondereffekte für die Immobilienbranche …

Der weite Zinsbegriff der ATAD umfasst auch die in einem Vermögenswert aktivierten Zinsen. Vor der Gesetzesänderung führten Abschreibungen oder Ausbuchung solcher Aktivposten nicht zu Zinsaufwendungen im Sinne der Zinsschranke. Dies ändert sich nun und stellt insbesondere die Immobilienwirtschaft vor neue Herausforderungen, denn die in den Herstellungskosten aktivierten Bauzeitzinsen gelten mittlerweile bei der späteren Ausbuchung bzw. bei Abschreibung als Zinsaufwendungen im Sinne der Zinsschranke.

Die Zinsschranke entschlüsselt

Eine Podcast-Folge für Feinschmecker des Steuerrechts, die die Komplexität nicht scheuen! Es geht um die Zinsschranke, die seit 2008 den Betriebsausgabenabzug für Zinsaufwendungen limitiert. Dr. Andreas Bolik und Steffen Höhl beleuchten die jüngsten Gesetzesänderungen bei der Zinsschranke, die den sachlichen Anwendungsbereich und die Ausnahmen wie die Freigrenze von 3 Millionen Euro, die Stand-alone-Klausel und den Eigenkapital-Escape verschärfen und analysieren insbesondere das finale BMF-Anwendungsschreiben, welches Ende März 2025 veröffentlicht wurde.

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… mit hohem Aufwand

Was zunächst harmlos klingt, offenbart sich in der praktischen Umsetzung durchaus als schwierig. Denn mit der Erweiterung des Zinsbegriffs ist im ersten Schritt eine Rekonstruktion der Zusammensetzung der Herstellungskosten erforderlich. Da über die normale Abschreibung des Gebäudewertes keine Rückschlüsse gezogen werden können, ob in den Herstellungskosten aktivierte Finanzierungsaufwendungen enthalten sind, verursacht die gesetzliche Änderung einen teilweise enormen administrativen Mehraufwand. Denn je nach Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes wären die Steuerpflichtigen aufgefordert gewesen, bis zu 50 Jahre zurückzugehen, um eine verlässliche Einschätzung abzugeben. Dass dies teilweise aufgrund der bereits abgelaufenen gesetzlichen Aufbewahrungsfrist faktisch unmöglich gewesen wäre, wurde in der Gesetzesbegründung nicht angesprochen. Insofern war es auch nicht überraschend, dass die Verbände diesen Punkt im Entwurfsschreiben besonders kritisch sahen.

Übergangsregelung

Erfreulicherweise hat die Finanzverwaltung an dieser Stelle reagiert und im finalen Zinsschrankenerlass eine Übergangsregelung eingefügt: Zinsaufwendungen, die in Wirtschaftsjahren aktiviert wurden, die vor dem 15. Dezember 2023 oder nach dem 14. Dezember 2023 begannen und vor dem 1. Januar 2024 endeten, sind ausgenommen.

Wechselkurseffekte

Auch bestimmte Wechselkursgewinne und -verluste auf Fremdkapital gelten nunmehr als Zinsaufwand. Laut neuem Erlass sind die Wechselkursgewinne und -verluste als Zinsaufwand einzustufen, die sich auf Zinsen und Kapitalbeschaffungskosten beziehen. Effekte, die den Vermögensstamm betreffen, zählen nicht als Zinsaufwendungen oder -erträge. Diese Klarstellung ist zu begrüßen.

Problemfall: Aufwand aus dem Vorteilsverbrauch

Kritisch ist hingegen, dass auch ein fiktiver Zinsaufwand im Rahmen eines Vorteilsverbrauchs bei einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) als Zinsaufwand im Sinne der Zinsschranke gelten soll. Dies bedeutet, dass der Aufwand bei der Muttergesellschaft als Zinsaufwand zählt, obwohl auf dieser Ebene keine Fremdkapitalaufnahme stattfindet.

Ein Beispiel: Die B-GmbH gewährt der C-GmbH ein unverzinsliches Darlehen. Das führt bei der B-GmbH zu einer vGA, die als steuerbilanzieller Ertrag bei der A-GmbH als gemeinsamer Muttergesellschaft erfasst wird. Diesem Ertrag steht ein gleich hoher Aufwand gegenüber, da der Zinsvorteil nicht der A-GmbH, sondern der C-GmbH zugutekommt. Mangels Einlagefähigkeit liegt jedoch eine Einkommensminderung bei der A-GmbH vor, ohne weitere Korrektur bei der C-GmbH. Für die Finanzverwaltung stellt diese Einkommensminderung Zinsaufwand im Sinne der Zinsschranke dar. Diese Ansicht ist jedoch umstritten, da keine Fremdkapitalüberlassung vorliegt. Da die Gerichte nicht an diese Interpretation gebunden sind, könnte es in einem Rechtsstreit zu anderen Entscheidungen kommen.

Infografik: Problemfall. Aufwand aus dem Vorteilsverbrauch

Schwammige Klausel

Zusätzlich erfasst das BMF-Schreiben auch ähnliche Aufwendungen als Zinsaufwendungen. Diese offene Formulierung dient der Finanzverwaltung als Auffangklausel, obwohl die Zinsdefinition der Zinsschranke schon sehr umfassend ist. Das schafft zusätzliche Unsicherheiten für die Steuerpflichtigen und wird zu Diskussionen und Rechtsstreitigkeiten mit der Betriebsprüfung führen.

Problemfall: langes Zahlungsziel

Ein gänzlich neuer Abschnitt bezieht sich auf Forderungen und Verbindlichkeiten mit Zinsanteil, die nunmehr ebenfalls zu Zinsschrankenzinsen führen sollen. Gemeint sind an dieser Stelle Geschäftsvorfälle, bei denen eine Verzinsung ausdrücklich vereinbart wurde (Fallgruppe 1) oder eine Verzinsung wirtschaftlich anzunehmen ist (Fallgruppe 2). Während Fallgruppe 1 die Praxis vor keine großen Herausforderungen stellt, bleibt in Fallgruppe 2 offen, anhand welcher Kriterien die Identifikation solcher Geschäftsvorfälle vorzunehmen ist. Das im Erlass gewählte Beispiel einer endfälligen Forderung zeigt exemplarisch, dass der über den Warenwert hinausgehende Betrag als Gegenleistung für die langfristige Fälligkeit angesehen wird. Daraus sollte allerdings nicht abgeleitet werden können, dass jede Vereinbarung eines markt- oder branchenüblichen Zahlungsziels künftig zu Zinsen im Sinne der Zinsschranke führt. Besondere Fälligkeiten von Zahlungen können auch andere wirtschaftliche Gründe haben oder der Kundenbindung dienen.

Infografik: Zinssatz fuer Kredite (Neugeschaeft) an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften

Änderungen der Ausnahmen im Fokus

§ 4h Abs. 2 Satz 1 EStG sieht drei Ausnahmen vor, unter denen der Zinsabzug nicht auf die Summe aus den Zinserträgen und dem verrechenbaren EBITDA begrenzt ist. Eine davon betrifft die Freigrenze, bei der Nettozinsaufwendungen unterhalb der Freigrenze von 3 Millionen Euro nicht unter die Zinsschranke fallen und somit in voller Höhe abgezogen werden können. Hauptanwender der Freigrenze sind kleine Unternehmen oder solche, die überwiegend eigenkapitalfinanziert sind. Die Gesetzesänderung hat zu keiner direkten Anpassung geführt. Im Referentenentwurf war ursprünglich eine Umwandlung in einen Freibetrag vorgesehen, was der Regelung in der ATAD entsprochen hätte. Dieser Vorschlag wurde jedoch im Regierungsentwurf wieder gestrichen.

Unklarheit bei der Freigrenze

Mit der Einführung des neuen Satzes 7 in § 4h Abs. 1 EStG ergeben sich praktische Anwendungsfragen in der Ermittlung der Nettozinsaufwendungen, wenn ein Zinsvortrag vorhanden ist. Denkbar ist, dass der Zinsvortrag aus einem vorangegangenen Wirtschaftsjahr ausnahmslos als Zinsaufwand des laufenden Wirtschaftsjahres in einen Topf geworfen wird und somit zu zusätzlichen Zinsaufwendungen führt. Betragen die Nettozinsaufwendungen – d. h. nach Abzug der Zinserträge – mindestens 3 Millionen Euro, könnte die Anwendung der Ausnahmeregelung ausscheiden. 

Eine geoeffnete, rot weisse Schranke in einem Gebuesch

Fraglich ist allerdings, ob dieses Ergebnis uneingeschränkt auch in Fällen gilt, in denen der Nettozinsaufwand ohne Zinsvortrag unterhalb der Freigrenze bleibt und die Grenze von 3 Millionen Euro nur durch die Berücksichtigung des Zinsvortrags gerissen wird. Die Finanzverwaltung hat an dieser Stelle leider die Gelegenheit verstreichen lassen, zu einer sichereren Rechtsanwendung beizutragen. 

Strikte Stand-alone-Klausel

Eine große Änderung gab es bei der bislang als Konzernklausel bekannten und nun als Stand-alone-Klausel bezeichneten Ausnahmeregelung. Unter der Konzernklausel war die Zinsschranke nicht anzuwenden, wenn der Betrieb nicht oder nur anteilsmäßig zu einem Konzern gehörte. Nach der Neufassung ist sie nur dann nicht anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige keine nahestehende Person im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG ist und keine Betriebsstätte außerhalb seines Ansässigkeitsstaats hat. Dadurch fallen jetzt auch Beteiligungen zwischen 25 und 50 Prozent nicht mehr unter die Konzern- bzw. Stand-alone-Klausel, die bislang in Ermangelung einer Konzernzugehörigkeit ausgenommen waren. Auch natürliche Personen, die Alleingesellschafter einer GmbH sind oder eine Beteiligung von wenigstens 25 Prozent halten, gelten jetzt als nahestehende Personen. Diese Änderungen machen die Ausnahme der Stand-alone-Klausel in der Praxis deutlich weniger relevant. Die Finanzverwaltung gewährt die Anwendung zudem nur, wenn die Voraussetzungen das ganze Jahr über erfüllt sind. Eine Notwendigkeit für diese zeitliche Restriktion lässt sich aber weder aus dem Gesetzestext noch aus der Gesetzesbegründung ableiten. Die Finanzverwaltung hat sich bewusst für eine striktere Anwendung entschieden.

Eigenkapitalquoten

Die dritte Ausnahmeregelung, der Eigenkapitalquotenvergleich (auch Eigenkapital-Escape genannt), bleibt nahezu unverändert: Die Ausnahme greift, wenn der Betrieb zu einem Konzern gehört und seine Eigenkapitalquote am letzten Stichtag mindestens so hoch ist wie die des Konzerns. Ein Unterschreiten um bis zu 2 Prozentpunkte ist unschädlich. Hier wäre es hilfreich gewesen, wenn das neue Schreiben mehr Klarheit gebracht hätte, besonders zur Nachweispflicht im Rahmen der Gesellschafterfremdfinanzierung (§ 8a Abs. 3 Satz 1 KStG).

Zinsen sind nicht gleich Zinsen

Bereits vor der Gesetzesänderung bestand kein Gleichlauf zwischen den Zinsen im Sinne der Zinsschranke und den gewerbesteuerlichen Finanzierungskosten. Bedeutung gewinnt diese Unterscheidung immer dann, wenn Zinsaufwendungen im ersten Schritt bei der Ermittlung des Gewinns abgezogen werden und im Anschluss bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zu beurteilen ist, ob sie der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung unterliegen. Mit der Erweiterung des Zinsbegriffs für Zwecke der Zinsschranke fallen die Begrifflichkeiten weiter auseinander. Insbesondere aktivierte Zinsen, kalkulatorische Zinsen und ähnliche Kosten im Zusammenhang mit Fremdkapital werden unterschiedlich behandelt.

Druck auf Buchhaltung und Compliance

Mit der zunehmenden Divergenz besteht Anpassungsbedarf in den Buchhaltungs- und Tax-Compliance-Systemen der Unternehmen, um die Aufwendungen der zutreffenden Kategorie zuzuordnen. Andernfalls sind zeitintensive und fehleranfällige Nacharbeiten notwendig. Die Finanzverwaltung äußert sich im neuen Zinsschrankenerlass dazu nicht. Auch bleibt unklar, wie Fälle zu beurteilen sind, in denen ein Zinsvortrag in künftigen Wirtschaftsjahren abgezogen werden kann. Da der Zinsvortrag ausschließlich Komponenten enthält, die gemäß der Zinsschrankenregelung als Zinsaufwendungen gelten, führt ein Verbrauch des Zinsvortrags nicht zwangsläufig zu hinzurechnungspflichtigen Finanzierungskosten für die Gewerbesteuer. Weder das Gesetz noch das Anwendungsschreiben führen aus, wie solche Fälle praktisch umzusetzen sind. Steuerpflichtigen ist daher angeraten, den Abzug des Zinsvortrags insbesondere dann zu dokumentieren, wenn eine Hinzurechnung bei der Ermittlung des Gewerbeertrags unterbleibt.

Co-Autoren: Steffen Höhl, Yannic Waller

Erschwerter Zinsabzug – Herausforderungen und Lösungen

Die jüngsten Änderungen im BMF-Erlass zur Zinsschranke stellen Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen. Die Belastungen durch hohe Energiekosten, Fachkräftemangel und drückende Steuerlasten werden durch die erweiterte Definition des Zinsbegriffs und die damit verbundenen neuen Regelungen noch verstärkt. Interesse geweckt? 

Fazit …

Die Finanzverwaltung hat die Anpassungen der Zinsschranke durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz aufgegriffen und einen neuen Erlass veröffentlicht. Die Auslegungen bringen einige zusätzliche (erwartbare) Belastungen mit sich, die teilweise über den Gesetzeswortlaut hinausgehen. Weder Forderungen und Verbindlichkeiten mit einem fiktiven Zinsanteil noch ähnliche Aufwendungen sind vom Wortlaut des Gesetzes zweifelsfrei erfasst. Gleiches gilt für die kritischen zeitlichen Voraussetzungen bei der Stand-alone-Klausel. Diese Auslegungen werden wohl zu absehbaren Diskussionen und Rechtsstreitigkeiten führen. Positiv hervorzuheben sind allerdings die Beibehaltung der Nichtbeanstandungsregelung beim echten Factoring und insbesondere die Übergangsregelung bei den in den Herstellungskosten aktivierten Zinsen. An zusätzlicher Bedeutung gewinnt auch die Divergenz zwischen den Zinsen im Sinne von § 4h EStG und den Entgelten für Schulden im Sinne von § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG. Diese wird durch die Gesetzesanpassung noch größer.

… und weitere Entwicklungen

Nicht zuletzt ist auch das beim Bundesverfassungsgericht seit mehr als zehn Jahren anhängige Verfahren zur Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der (alten) Zinsschranke abzuwarten. Die jetzigen Änderungen erfolgten insbesondere aufgrund der verpflichtenden Umsetzung der ATAD bis Ende des Jahres 2023. Solange die Verfassungsmäßigkeit ungeklärt bleibt, sollten Steuerpflichtige gegen Steuerbescheide weiter Einspruch einlegen und Verfahrensruhe beantragen. Eine Allgemeinverfügung zur Festsetzung unter Vorbehalt ist nicht bekannt. Somit bleibt die Zinsschranke weiterhin ein Spannungsfeld zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung.





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