Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) haelt bei der Plenarsitzung im Deutschen Bundesrat seine Antrittsrede. Die Laenderkammer beschaeftigt sich in ihrer Sitzung unter anderem mit Steuerentlastungen, dem Bundeshaushalt 2025, der Aussetzung des Familiennachzugs, der Verlaengerung der Mietpreisbremse und der Modernisierung der betrieblichen Mitbestimmung.

Was die Körperschaftsteuersenkung ab 2028 jetzt schon verändert

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Ab 2028 sinkt die Körperschaftsteuer stufenweise. Für Handelsbilanz und Steuerquote gibt es aber ab sofort Konsequenzen. Und viel Aufwand.


Überblick

  • Die stufenweise Körperschaftsteuersenkung ab 2028 führt bereits jetzt zu komplexen Anpassungen in Handels- und Steuerbilanz.
  • Unternehmen müssen latente Steuern neu bewerten und dabei bis zu sechs unterschiedliche Steuersätze berücksichtigen.
  • Die Umbewertung kann die Steuerquote erheblich beeinflussen und in bestimmten Fällen sogar die Berechnung der globalen Mindeststeuer auslösen.

Die schrittweise Senkung der Körperschaftsteuer von 15 auf 10 Prozent ab 2028 ist für Unternehmen eine gute Nachricht. Doch die Freude in den Unternehmen ist getrübt: Dort droht ab sofort ein beträchtlicher zeitlicher Mehraufwand bei der Berechnung der latenten Steuern. Diese entstehen u. a. wegen unterschiedlicher Ansatz- und Bewertungsregelungen in Steuer- und Handelsbilanz (im Folgenden HGB, IFRS und US-GAAP). Nachdem der Bundesrat am 11.7.2025 die künftigen Steuersenkungen abgesegnet hat, muss jeder handelsrechtliche Abschluss diese Änderungen seit diesem Zeitpunkt berücksichtigen. Aufgrund der Zustimmung des Bundesrates am 11.7.2025 müssen alle Abschlüsse, die auf diesen Stichtag oder einen Stichtag danach aufgestellt werden, das Gesetz berücksichtigen, auch wenn es erst am 18.7.2025 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde und damit am 19.7.2025 in Kraft getreten ist. Die Berechnung ist sehr aufwendig, wobei die Staffelung der Steuersenkung über fünf einzelne Jahresschritte für besondere Komplexität sorgt. Hinzu kommt: Im Fall einer Reduzierung von aktiven latenten Steuern drohen sogar negative Konsequenzen. Die handelsrechtliche Steuerquote könnte steigen und im Einzelfall sogar die Kreditkonditionen der betroffenen Unternehmen beeinträchtigen.

Was sind latente Steuern?

Latente Steuern entstehen regelmäßig in Jahres- und Konzernabschlüssen, wenn etwa Rückstellungen in der Rechnungslegung berücksichtigt werden, Vater Staat diese steuerlich aber nicht oder nur in geringerer Höhe anerkennt. Stattdessen akzeptiert er steuerlich den entsprechenden Aufwand erst bei der späteren Realisation oder Zahlung. Ein Beispiel hierfür sind die nach HGB zu bildenden Drohverlustrückstellungen, die steuerlich nicht anerkannt werden. Der sich so ergebende Steueraufwand passt damit nicht mehr zum Gewinn, der sich in der handelsrechtlichen Rechnungslegung ergibt. Wird die Rückstellung später in Anspruch genommen, weil sich der Verlust realisiert, ist dies insoweit in der handelsrechtlichen Rechnungslegung ein Vorgang ohne Auswirkung auf den Jahresüberschuss/-fehlbetrag. Denn dem Verlust steht die Ausbuchung der Rückstellung gegenüber. Steuerlich schlägt der Verlust in diesem späteren Jahr allerdings voll durch und die tatsächliche Steuerzahlung mindert sich um den Steuereffekt aus diesem tatsächlich eingetretenen Verlust aus dem zugrunde liegenden Geschäft.

Temporärer Ausgleich

Latente Steuern glätten den Effekt aus solchen temporären Differenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz. Sie können sich aus zahlreichen weiteren Sachverhalten ergeben, wie abweichende Abschreibungsregeln, das steuerliche Ansatzverbot für selbst erstellte immaterielle Wirtschaftsgüter. Auch für Verlustvorträge und noch nicht genutzte Steuergutschriften darf wie im oben beschriebenen Beispiel eine aktive latente Steuer eingebucht werden. Diese führt buchungstechnisch zu einem (latenten Steuer-)Ertrag und nimmt dadurch die Steuerentlastung vorweg, die später entsteht, wenn der Verlust oder die Gutschrift (auch) steuerlich wirksam wird.

Beispielloser Aufwand

Um diese spätere Entlastung heute aber korrekt abbilden zu können, muss der Bilanzierende den Steuersatz des Jahres verwenden, in dem sie die temporäre Differenz umkehrt oder Verlust- bzw. Zinsvorträge genutzt werden können. Ab sofort muss er mithin für jede einzelne Steuerlatenz mit bis zu sechs verschiedenen Steuersätzen hantieren – mit dem vor der Senkung und mit denen aus den fünf Senkungsschritten. Dass die Körperschaftsteuer in fünf einzelnen Jahresschritten geändert wird, ist auch international eine bislang beispiellose Steuerinnovation.

Abb.: Aufpassen, welcher Steuersatz Anwendung findet!

Grafik: Aufpassen, welcher Steuersatz Anwendung findet!

Abb.: Handelsbilanzielle Gewinnermittlung
Gemäß nachfolgend beschriebenem Beispiel

Grafik: Handelsbilanzielle Gewinnermittlung

Sofort handeln

Für sämtliche bilanzierten Steuerlatenzen, deren Ursachen sich in den Jahren 2028 bis 2032 oder danach (ganz oder teilweise) auflösen, muss schon beim ersten Abschluss nach der Zustimmung des Bundesrates am 11.7.2025 eine Umbewertung durchgeführt werden. Dies kann zu einem latenten Steueraufwand oder -ertrag führen, was einen direkten Einfluss auf die Steuerquote und den Gewinn in der Rechnungslegung hat.

Beispiel: In einem Jahresabschluss sind im Jahr 2024 aus der Vergangenheit stammende passive latente Steuern in Höhe von 120.000 Euro auf temporäre Differenzen in Höhe von 400.000 Euro enthalten, die im Jahr 2023 über die Gewinn- und Verlustrechnung gebucht wurden. Dies erklärt, warum es im Jahr 2024 keine latenten Steueraufwendungen in der GuV gibt. Die passiven latenten Steuern wurden unter der Annahme errechnet, dass im Jahr der Auflösung der temporären Differenzen– in diesem Fall 2029 – eine Steuerbelastung aus Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer von 30 Prozent greift. Mit dem neuen Steuersatz von nur noch rund 28 Prozent ergibt sich eine zu erwartende Steuerbelastung von 112.000 Euro. Die notwendige Umbewertung führt im laufenden Jahr zu einem Steuerertrag von 8.000 Euro. Betroffen sind alle Jahres-, Konzern-, Zwischen- und Quartalsabschlüsse mit einem Bilanzstichtag ab dem 11.7.2025.

Folgen für die Steuerquote

In bestimmten Konstellationen kann es durch die erzwungene Umbewertung zu spürbaren Auswirkungen auf die Steuerquote kommen. Verfügt ein Unternehmen in seiner Bilanz z. B. über nennenswerte temporäre Differenzen mit unterschiedlichen Fristen und kann es aber zum kommenden Bilanzstichtag nur einen geringen Gewinn ausweisen, kann der zusätzliche Steueraufwand oder -ertrag die Quote sichtbar beeinflussen.

Fortsetzung des Beispiels: Das betrachtete Unternehmen hat im Jahr 2024 einen Gewinn von 100.000 Euro und zahlt davon 30 Prozent Steuern, also 30.000 Euro. Die Steuerquote beträgt 30 Prozent. Im Jahr 2025 schlägt die Wirtschaftskrise zu und der Gewinn beträgt nur noch 50.000 Euro, wovon wieder 30 Prozent, also 15.000 Euro, Steuern abgeführt werden. Zugleich muss im Jahr 2025 aufgrund der kommenden Körperschaftsteuersenkung die seit einigen Jahren unverändert in der Bilanz stehende passive latente Steuer umbewertet werden, woraus ein Steuerertrag von 8.000 Euro entsteht. Im Saldo sinkt der Steueraufwand in diesem Jahr auf 7.000 Euro. Die Steuerquote beträgt nur noch 14 Prozent.

Dann könnte die Vollberechnung der Mindeststeuer zuschlagen

Gefährlich kann es werden, falls ein solcher Umbewertungseffekt ein Unternehmen trifft, das der globalen Mindeststeuer unterliegt. Sollte dann ein latenter Steuerertrag dazu führen, dass die vereinfachte effektive Steuerquote von 15 Prozent (bzw. 16 Prozent für das Geschäftsjahr 2025) für die CbCR-Safe-Harbour-Regelung unterschritten wird, wäre der Safe Harbour perdu und die gefürchtete Vollberechnung der Mindeststeuer müsste durchgeführt werden.


Fazit und Hinweis

Die stufenweise Körperschaftsteuersenkung verkompliziert die Berechnung der latenten Steuern schon heute erheblich. Viele IT-Systeme für das Rechnungswesen sind mit der Abbildung und Berechnung von Steuerlatenzen mit sechs unterschiedlichen Steuersätzen überfordert. Umso wichtiger ist die zeitnahe Implementierung zielführender Problemlösungen, ggf. unter Hinzuziehung erfahrener Berater. Im konkreten Einzelfall akzeptabel könnten – in Abstimmung mit dem Wirtschaftsprüfer – Vereinfachungen der Ermittlung unter Wahrung des Wesentlichkeitsgrundsatzes sein. Doch allen Mühen zum Trotz gilt: Für Kapitalgesellschaften in Deutschland winkt (ungeachtet der eingeschränkt pragmatischen Umsetzung) in einigen Jahren ein endlich wieder wettbewerbsfähigeres Besteuerungsniveau.


Kehrseite der Steuersenkung

Das steuerliche Investitionssofortprogramm sieht eine stufenweise Absenkung der Körperschaftsteuer beginnend ab 2028 um jährlich 1 Prozent von 15 auf 10 Prozent vor. Das sind grundsätzlich zu begrüßende Impulse, die jedoch ihren Preis in der daraus entstehenden Komplexität der latenten Steuerberechnungen der nächsten Jahre haben



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