Pressemitteilung

28 März 2022 Eschborn/Frankfurt (Main), DE

Nach starkem Jahresauftakt: Geopolitische Spannungen lassen weltweiten IPO-Markt einbrechen – Zahl der Börsengänge im ersten Quartal halbiert

Frankfurt, 28.03.2022. Nach einem sehr lebhaften Jahresauftakt im Januar ist die Zahl der Börsengänge im Februar und März angesichts sich zuspitzender geopolitischer Spannungen weltweit eingebrochen: Insgesamt wagten im ersten Quartal weltweit 321 Unternehmen den Sprung aufs Parkett

Verwandte Themen Börsengang (IPO)
  • Zahl der Börsengänge sinkt besonders gegen Ende des ersten Quartals
  • Rückgang im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 37 Prozent, Emissionsvolumen schrumpft um 51 Prozent
  • Stärkste Einbußen in den USA, Europa zweitgrößter IPO Markt nach China
  • Technologie-IPOs trotz Rückgang weiterhin gefragt, Potenzial an Unicorn IPOs steigt
  • Robuste Pipeline wartet auf das nächste IPO-Fenster

Nach einem sehr lebhaften Jahresauftakt im Januar ist die Zahl der Börsengänge im Februar und März angesichts sich zuspitzender geopolitischer Spannungen weltweit eingebrochen: Insgesamt wagten im ersten Quartal weltweit 321 Unternehmen den Sprung aufs Parkett – 37 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Das Emissionsvolumen sank um 51 Prozent auf 54 Milliarden US-Dollar.

Damit fand der Aufwärtstrend der Vorquartale und das positive Momentum aus dem Rekord-IPO-Jahr 2021 ein jähes Ende. Im Januar hatte das weltweite Emissionsvolumen mit 32 Milliarden US-Dollar noch auf dem höchsten Stand seit 21 Jahren gelegen, im Februar brach es angesichts einer Verdopplung der Volatilität in Folge der geopolitischen Spannungen – im Vergleich zum Vorjahresmonat – von 36 auf 10 Milliarden ein, im März sogar von 47 auf 12 Milliarden.

Der stärkste Einbruch wurde in den USA registriert: Im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres sank in den Vereinigten Staaten die Zahl der Börsengänge von 100 auf 25, das Emissionsvolumen schrumpfte sogar um 94 Prozent von 42 auf gut zwei Milliarden US-Dollar. Auch in Europa waren hohe Einbußen zu verzeichnen: Die Zahl der Börsengänge hat sich von 89 auf 47 fast halbiert, das Emissionsvolumen ging von 26 auf knapp drei Milliarden US-Dollar zurück.

Am wenigsten beeindruckt zeigte sich der chinesische Markt: In China (einschließlich Hongkong) wagten im ersten Quartal 97 Unternehmen den Schritt an die Börse, das waren 28 Prozent weniger als im Vorjahr. Das Emissionsvolumen stieg hingegen leicht – um zwei Prozent – auf 30 Milliarden US-Dollar.

Das sind Ergebnisse des aktuellen IPO-Barometers des Prüfungs- und Beratungsunternehmens EY.

„Der Krieg in der Ukraine und die massiv gestiegene politische und wirtschaftliche Unsicherheit hatten zur Folge, dass viele Unternehmen ihre Börsenpläne für das erste Quartal vorerst verschoben haben“, sagt Dr. Martin Steinbach, Partner und Leiter des Bereichs IPO and Listing Services bei EY. „Die Volatilität ist im ersten Quartal in die Höhe geschnellt und hat sich verdoppelt, während weltweit an den Börsen hohe Kursverluste verzeichnet wurden. In diesem Umfeld sind Investoren sehr zurückhaltend, und es erschien vielen Unternehmen ratsam, vorerst eine Klärung der Situation abzuwarten und sich auf das nächste IPO-Fenster vorzubereiten.“

Technologie-IPOs weiterhin bevorzugt, aber Anzahl stark gesunken

Die meisten IPOs wurden im ersten Quartal in den Segmenten Technologie und Rohstoffe durchgeführt. Im Technologiesegment schrumpfte das Emissionsvolumen von 48,1 auf 9,9 Milliarden US-Dollar, die Zahl der Börsengänge sank um 57 Prozent von 136 auf 58. Anders die Entwicklung im Bereich Rohstoffe: Die Zahl der Börsengänge kletterte von 50 auf 58, das Emissionsvolumen von 4,4 auf 5,9 Milliarden US-Dollar.

Auf den Rängen drei und vier lagen IPOs von Industrieunternehmen (Rückgang von 67 auf 57 IPOs) und Unternehmen aus dem Gesundheitssektor (Rückgang von 84 auf 49 IPOs).

Laut Steinbach bleiben Transformationsprozesse, die zu Unternehmenswertsteigerungen führen, ein entscheidender Treiber des IPO-Marktes: „Der Trend der Digitalisierung der Wirtschaft betrifft viele Sektoren und ist weiterhin intakt. Beides muss finanziert werden: Die Transformation bei etablierten Unternehmen und das Wachstum bei jungen disruptiven Unternehmen.“ Zudem fördere der Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit und einer steigenden Bedeutung der ESG-Kriterien das Entstehen neuer Geschäftsmodelle und Unternehmen.

Eine Bestätigung dafür sieht Steinbach im Einhorn-Boom. So stieg die Zahl der Startups mit Milliarden-Bewertung in Deutschland im Jahr 2021 von sechs auf 24. Diese Unternehmen bilden ein vitales Ecosystem – für viele von ihnen ist als nächste Schritt der Gang an die Börse eine valide Option. „All das führt zu einem steten Zustrom von Börsenkandidaten und einer weiterhin steigenden Anzahl hoch bewerteter Start-ups an der Börse“ erwartet Steinbach.

SPAC-Emissionen sinken, Wettbewerb steigt, weitere indirekte Börsengänge erwartet

Nach dem bisher stärksten SPAC Emissionsjahr 2021 wurden im ersten Quartal des laufenden Jahres weltweit insgesamt 64 SPAC-Transaktionen gezählt, ein Rückgang um 79 Prozent gegenüber der Vorjahrjahresperiode. Die Mantelgesellschaften erzielten ein Emissionsvolumen von insgesamt 10,7 Milliarden US-Dollar, 89 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.

Von den 64 SPAC-Transaktionen im laufenden Jahr entfielen 52 auf die USA und vier auf Asien, während in Europa acht derartige Emissionen verzeichnet wurden. „Die Kassen der derzeit insgesamt rund 713 aktiven SPACs sind mit gut 166,5 Milliarden US-Dollar prall gefüllt – das eröffnet operativen Unternehmen gerade in volatilen Zeiten über den Zusammenschluss mit einer Mantelgesellschaft einen vielversprechenden alternativen Weg aufs Parkett – sowohl in Europa als auch den USA. “

Vor allem für Unternehmen in den Bereichen Technologie, Industrials und Healthcare sei dies interessant, sagt Steinbach. Jedoch ticke die Uhr für die auf einen Zeitraum von 24 Monaten angelegten SPACs. Er rechnet mit einem zunehmenden Wettbewerb unter den SPACs und mit weiteren Zusammenschlüssen mit deutschen Unternehmen. Die Zahl indirekter Börsengänge werde auch in diesem Jahr wohl weiter steigen.

Deutscher Primärmarkt mit drei Börsengängen und einer SPAC Emission

Auch in Deutschland wurden die geplanten Börsengänge infolge der Unsicherheiten durch den Krieg in der Ukraine abrupt unterbrochen. Dies hat die IPO-Aktivitäten in Deutschland im traditionell schwachen ersten Quartal zusätzlich gedämpft: Mit drei Börsengängen operativer Unternehmen und der Emission einer Mantelgesellschaft gab es nur vier Erstnotizen deutscher Unternehmen bzw. Mantelgesellschaften. Mit der Erstnotiz der BoerseGo AG an der Münchener Börse im m:access-Segment wurde ein IPO an einer deutschen Börse verzeichnet. Zudem zog es den Hamburger Online-Marktplatz Rebelle.com über eine schwedische Holding an den Stockholmer „Nasdaq First North Growth Market“. Das Berliner Recyclingunternehmen Cabka ging im März durch die Fusion mit der niederländischen SPAC Dutch Star Companies Two an die Amsterdamer Börse. Und schließlich notiert seit Ende Januar die Emission der 468 SPAC II SE im Regulierten Markt der Frankfurter Börse.

Koreanischer Batteriehersteller LG Energy Solution größter Börsengang

Der weltweit größte Börsengang des bisherigen Jahresverlaus Jahres fand in Südkorea statt: Der Batteriehersteller LG Energy Solution erlöste im Januar 10,7 Milliarden US-Dollar. Der chinesische Mobilfunkanbieter China Mobile kam bei seinem Börsengang, der ebenfalls im Januar stattfand, auf 8,2 Milliarden US-Dollar. Mit großem Abstand folgt mit einem Emissionsvolumen von 1,6 Milliarden US-Dollar der Börsengang des chinesischen Solarmodulherstellers Jinko Solar.

Ausblick stark abhängig von der Situation in der Ukraine

Steinbach sagt: „Die Pipeline an Börsenkandidaten ist nach wie vor gut gefüllt. Viele Unternehmen warten in der jetzigen Situation jedoch erst einmal ab und nutzen die Zeit, um sich gut auf den Börsengang vorzubereiten. Daher könnte die zweite Jahreshälfte 2022 auch wieder deutlich aktiver werden.“ Entscheidend für das Timing und die Anzahl and Börsengängen sei jedoch eine Beruhigung der aktuellen geopolitischen Spannungen, die Auflösung der Unsicherheiten aus Investorensicht und ein Rückgang der Volatilität auf einen Indexlevel idealerweise unter 20 im VDAX.

 

 

- Ende -

EY im Überblick

EY ist eine der großen deutschen Prüfungs- und Beratungsorganisationen. In der Steuerberatung ist EY deutscher Marktführer. EY beschäftigt rund 11.500 Mitarbeiter an 20 Standorten und erzielte im Geschäftsjahr 2020/2021 einen Gesamtumsatz von 2,1 Milliarden Euro. Gemeinsam mit den rund 312.000 Mitarbeitenden der internationalen EY-Organisation betreut EY Mandanten überall auf der Welt.

EY bietet sowohl großen als auch mittelständischen Unternehmen ein umfangreiches Portfolio von Dienstleistungen an: Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Rechtsberatung, Strategy and Transactions, Consulting und Immobilienberatung.