Pressemitteilung

30 März 2023 Eschborn/Frankfurt (Main), DE

Geopolitische Spannungen, hohe Zinsen und Bankenkrise bremsen weltweiten IPO-Markt

Frankfurt, 30.03.2023. Weltweit schieben Unternehmen aktuell ihre Börsenplä-ne auf und hoffen auf bessere Rahmenbedingungen: Insgesamt wagten im ers-ten Quartal weltweit 299 Unternehmen den Sprung aufs Parkett – acht Prozent weniger als im vom Krieg in der Ukraine geprägten Vorjahresquartal.

Verwandte Themen Börsengang (IPO)
  • Weltweites Emissionsvolumen im ersten Quartal mehr als halbiert: Rückgang um 61 Prozent auf 21,5 Milliarden US-Dollar – niedrigster Stand seit drei Jahren
  • Zahl der Börsengänge sinkt um acht Prozent auf 299
  • Zwei Börsengänge in Deutschland
  • Derzeit Energieunternehmen im Fokus der Investoren

Weltweit schieben Unternehmen aktuell ihre Börsenpläne auf und hoffen auf bessere Rahmenbedingungen: Insgesamt wagten im ersten Quartal weltweit 299 Unternehmen den Sprung aufs Parkett – acht Prozent weniger als im vom Krieg in der Ukraine geprägten Vorjahresquartal.

Weil es zudem deutlich weniger große Erstnotizen an den Weltbörsen gab, schrumpfte das Emissionsvolumen sogar um 61 Prozent von 54,6 auf 21,5 Milliarden US-Dollar – der niedrigste Stand seit dem ersten Quartal 2019, als insgesamt 15,1 Milliarden US-Dollar erlöst wurden. Die Zahl der Börsengänge mit einem Emissionsvolumen oberhalb der eine-Milliarde-Marke sank im Jahresvergleich von sieben auf einen.

Vom Rückgang des Emissionsvolumens am stärksten betroffen waren die chinesischen Börsen: Im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres sank dort das Emissionsvolumen um 66 Prozent von 30,1 auf 10,3 Milliarden US-Dollar. Die Zahl der Börsengänge ging deutlich weniger stark – um elf Prozent – von 97 auf 86 zurück. In Europa sank das Emissionsvolumen um 26 Prozent auf 2,1 Milliarden US-Dollar, die Zahl der Börsengänge schrumpfte um 47 Prozent auf 27.

Die Vereinigten Staaten waren der einzige Börsenplatz mit zunehmenden IPO-Aktivitäten, wenngleich auf einem nach wie vor sehr niedrigen Niveau: Die Zahl der Börsengänge an US-Börsen kletterte um 29 Prozent auf 31, das Emissionsvolumen legte um sechs Prozent auf 2,5 Milliarden US-Dollar zu.

Vom weltweiten Emissionsvolumen von 21,5 Milliarden US-Dollar entfiel mehr als ein Viertel, 5,9 Milliarden US-Dollar, auf Energieunternehmen, obwohl diesem Sektor nur 18 von 299 Transaktionen bzw. sechs Prozent zuzuordnen waren. Auch der größte Börsengang des laufenden Jahres war ein Energie-IPO: Die Erstnotiz der Gassparte des Ölkonzern Adnoc aus den Vereinigten Arabischen Emiraten erbrachte 2,5 Milliarden US-Dollar. Von den zehn größten Börsengängen im ersten Quartal waren vier Energieunternehmen.

Die Erstnotiz der deutschen Webhosters Ionos belegte im ersten Quartal Platz zehn im Ranking der weltweit größten Börsengänge. Insgesamt gab es in Deutschland neben dem Ionos-IPO mit der Erstnotiz der Neon Equity AG an der Börse Düsseldorf zwei Börsengänge.

Das sind Ergebnisse des aktuellen IPO-Barometers des Prüfungs- und Beratungsunternehmens EY.

„Wir sehen eine derzeit große Zurückhaltung aufseiten der Börsenkandidaten – gerade Großunternehmen warten auf bessere Rahmenbedingungen“, sagt Dr. Martin Steinbach, Partner und Leiter des Bereichs IPO and Listing Services bei EY. „Viele Unternehmen verharrten im ersten Quartal in der Warteposition, obwohl die Lage mit einer niedrigen Volatilität und einem relativ hohen Kursniveau zumindest bis Mitte März nicht schlecht war. Mit den jüngsten Turbulenzen im Bankensektor hat sich das Umfeld allerdings wieder eingetrübt – ablesbar an einer zwischenzeitlich stark gestiegenen Volatilität und Kursrückgängen an den Börsen.“

Verhaltener Ausblick – Verbesserung der Lage im zweiten Halbjahr erwartet

Angesichts der jüngsten Probleme im Bankensektor bleiben Investoren vorerst vorsichtig, gehen weiterhin selektiv vor und hoffen zudem auf günstige Bewertungen – bisweilen erwarten Investoren auch größere Zugeständnisse bei den Bewertungen“, beobachtet Steinbach.

Er rechnet aber damit, dass sich die konjunkturellen Rahmenbedingungen im laufenden Jahr verbessern werden: „Die chinesische Wirtschaft fasst nach der Pandemie wieder Tritt, und die US-Konjunktur entwickelt sich recht stark, wovon auch europäische Unternehmen profitieren werden. Damit könnten sich die Rahmenbedingungen für IPO-Kandidaten in den kommenden Monaten verbessern, vor allem in der zweiten Jahreshälfte“, erwartet Steinbach.

Gebremst werde die Entwicklung aber voraussichtlich weiterhin vom Krieg in der Ukraine und der Zinspolitik der Notenbanken, so Steinbach: „Es wird wohl weitere Zinserhöhungen geben, die sich auf die Aktienmärkte und damit auch auf die Bewertungen von IPO-Kandidaten auswirken können.“

Positiv wird sich im weiteren Jahresverlauf voraussichtlich der chinesische IPO-Markt entwickeln: Dort umfasst die Pipeline an Börsenkandidaten derzeit fast 800 Unternehmen, wobei mehr als 10 Mega-Börsengänge erwartet werden. Aber auch für den europäischen IPO-Markt ist Steinbach verhalten zuversichtlich: „Wir sehen, dass IPO-Kandidaten daran arbeiten, ihre Zeitpläne für den Börsengang zu flexibilisieren und ihre „IPO-Readiness“ sicherzustellen, um von einem günstigen Marktumfeld zu profitieren, wenn es sich kurzfristig bietet.“

„Die Pipeline ist stark und wächst – sowohl in Europa insgesamt als auch in Deutschland“, sagt Steinbach. Derzeit können nach seiner Beobachtung insbesondere Unternehmen aus folgenden Branchen die Aufmerksamkeit von Investoren gewinnen: Energie und erneuerbare Energien, Technologie und digitale Transformation sowie sektorübergreifend Geschäftsmodelle im Bereich Nachhaltigkeit.

Emissionen von Mantelgesellschaften (SPACs) kommen zum Erliegen – Fusionskandidaten gesucht

Weltweit wurden im ersten Quartal 16 SPACs mit einem Volumen von insgesamt 0,9 Milliarden US-Dollar neu emittiert, ein Minus von 78 Prozent bezüglich der Zahl bzw. 92 Prozent bezüglich des Wertes. „Der SPAC-Boom ist vorüber“, beobachtet Steinbach. „Viele SPAC-Investoren forderten ihre Einlagen zurück, so dass oft weniger Geld als geplant für Fusionen mit operativ tätigen Unternehmen zur Verfügung steht. Zudem drückt die oft schlechte Aktienperformance von SPAC-Zusammenschlüssen auf das Investorensentiment.“ Er betont, dass börsennotierte SPACs derzeit unter hohem Druck stünden und auf der Suche nach geeigneten Kandidaten für Zusammenschlüsse seien, um innerhalb der Laufzeit das eingesammelte Kapital sinnvoll zu investieren.

Technologieunternehmen streben weiterhin an die Börse

Die meisten Börsengänge wurden im ersten Quartal in den Segmenten Technologie (62), Industrie (54) durchgeführt, gefolgt vom Rohstoffsektor (49). Das höchste Emissionsvolumen verzeichnete – nach der Energiebranche – der Industriesektor mit 4,6 Milliarden US-Dollar.

Die größten Transaktionen im ersten Quartal waren die Erstnotiz von ADNOC Gas (2,5 Milliarden US-Dollar) sowie die Börsengänge des US-Herstellers von Solarenergieanlagen Nextracker und des chinesischen Lithium-Lieferanten Hunan Yuneng New Energy Battery Material im Volumen von 734 bzw. 663 Millionen US-Dollar.

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