Pressemitteilung

5 April 2024

Jeder dritte Angestellte wurde schon einmal am Arbeitsplatz diskriminiert

Stuttgart, 05.04.2024. Alle Ergebnisse der europaweiten EY-Umfrage zu Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion am Arbeitsplatz.

  • Europaweite EY-Umfrage zu Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion am Arbeitsplatz
  • 63 Prozent der Führungskräfte sehen eine Kultur des Vertrauens und der Transparenz im eigenen Unternehmen – aber nur 44 Prozent der nicht-leitenden Angestellten sind dieser Meinung
  • Angestellte, die das eigene Führungsteam als vielfältig und divers bezeichnen, sind überdurchschnittlich zufrieden mit ihrem Job
  • Nur etwas mehr als jedes vierte Unternehmen nutzt Blind-Lebensläufe 

Jede und jeder dritte nicht-leitende Angestellte (33 Prozent) hat schon einmal Diskriminierung am Arbeitsplatz erlebt. Fast ebenso viele Beschäftigte (30 Prozent) wurden laut eigener Aussage sogar schon Opfer von Mobbing. Unter den männlichen Befragten (31 Prozent) ist der Anteil derjenigen, die Diskriminierung erlebt haben, kleiner als bei den weiblichen (36 Prozent). Auch Mobbing haben Männer (29 Prozent) seltener am Arbeitsplatz erlebt als ihre Kolleginnen (34 Prozent).

Dabei besonders beunruhigend: Gemeldet hat diese Vorgänge nur knapp jede beziehungsweise jeder zweite nicht-leitende Angestellte (49 Prozent). Frauen (46 Prozent) vertrauten sich noch seltener Vorgesetzten oder den entsprechenden Stellen im Unternehmen an als Männer (54 Prozent). Welche Erfahrungen Beschäftigte mit Mobbing und Diskriminierung machen, hängt stark von der Unternehmenskultur und dem Führungsstil ab. Nicht-leitende Angestellte, die ihr Unternehmen und dessen Führungskräfte als divers und inklusiv bewerten, haben seltener Erfahrungen mit Diskriminierung (29 Prozent) gemacht, als nicht-leitende Angestellte in Unternehmen mit einem wenig oder gar nicht diversen Führungsteam (36 Prozent).

Dabei wird deutlich: Leitende Angestellte bewerten die Anstrengungen ihres Unternehmens in punkto Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion (Diversity, Equity & Inclusion, kurz: DE&I) deutlich positiver als nicht-leitende Angestellte. So sagen fast zwei Drittel der Führungskräfte (63 Prozent), dass in ihrem Unternehmen eine Kultur des Vertrauens und der Transparenz aufgebaut wurde beziehungsweise herrscht. Bei den nicht-leitenden Angestellten sind hingegen nur 44 Prozent dieser Meinung – ein Unterschied von 19 Prozentpunkten. Auch wenn es darum geht, wie der Grad der Geschlechtervielfalt (16 Prozentpunkte Unterschied) und die Sorge um das Wohlergehen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (20 Prozentpunkte Unterschied) beurteilt werden, klaffen die Bewertungen deutlich auseinander.

Dies sind Ergebnisse einer europaweiten Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young), für die 1.800 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in neun europäischen Ländern befragt wurden, davon 200 in Deutschland. Zur Hälfte setzten sich die Befragten aus leitenden, zur Hälfte aus nicht-leitenden Angestellten zusammen.

Bewertungen der Unternehmenskultur klaffen deutlich auseinander

Verschließen die Chefetagen die Augen vor der Realität? Oder wie sind diese unterschiedlichen Wahrnehmungen vom Management auf der einen und nicht-leitenden Angestellten auf der anderen Seite zu erklären? Ev Bangemann, Managing Partner bei EY: „Dass die Einschätzungen der unterschiedlichen Level der Mitarbeitenden hierzulande und in Europa zum Teil so deutlich und in so vielen Kategorien auseinanderklaffen, wenn es um Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion geht, spricht ganz klar für eine Kluft zwischen Führungsetage und Mitarbeitenden. Wenn im Schnitt fast jede und jeder dritte Angestellte schon einmal diskriminiert oder gemobbt wurde, müssen bei den Arbeitgebern die Alarmglocken schrillen und umgehend Maßnahmen – im Zweifel auch durch externe Experten und Angebote, aber vor allem durch Veränderungen in der Zusammensetzung des Führungsteams – ergriffen werden, um einen wirklichen Kulturwandel im Unternehmen voranzutreiben, der alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter miteinbezieht.“

Aktuelle Forschungsergebnisse belegen klar, so Bangemann, die unternehmerischen und firmenkulturellen Vorteile für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wenn sich die Vielfalt der Belegschaft und der Kunden in der Diversität von Führungsteams widerspiegelt: „Eine bessere Repräsentation trägt dazu bei, dass unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse berücksichtigt werden und damit zu einer stärkeren Bindung von Mitarbeitern und Kunden führt." Die Zeiten, in denen Frauenquoten als Feigenblatt für Vorstände dienten, seien definitiv vorbei, so Bangemann weiter: „Vor allem internationale Konzerne haben den Mehrwert, den diverse Teams – gerade in der Führungsebene – ihrem Unternehmen bringen, längst erkannt. Geht es um Entscheidungsprozesse, Marktverständnis und -entwicklung sowie die Attraktivität des Unternehmens für neue Talente sind divers und inklusiv agierende Unternehmen klar im Vorteil.“

Zumal nur etwas mehr als ein Drittel der nicht-leitenden Angestellten (36 Prozent) sagt, dass ihr Feedback zu Veränderungen am Arbeitsplatz vom Management auch in einem ausreichenden Umfang umgesetzt wird. Passiert dies allerdings nicht, hat dies deutliche Folgen für die Motivation der Belegschaft: So ist mehr als ein Viertel der nicht-leitenden Angestellten (27 Prozent), die Diskriminierung am Arbeitsplatz erlebt haben, aktuell auf der Suche nach einer neuen Stelle. Bei denjenigen, die ein solches Verhalten nicht erlebt haben, sind es dagegen nur vier Prozent – die Bereitschaft zum Jobwechsel ist bei nicht-leitenden Angestellten, die sich diskriminiert fühlen, also deutlich erhöht. Bangemann: „Gerade in Zeiten, in denen die Wechselwilligkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowieso schon auf einem Rekordhoch ist und qualifizierte Fachkräfte gefragt sind wie nie, sollte dies den Verantwortlichen zu denken geben. Zumal es sich in Branchen herumspricht, wenn es bei einem Arbeitgeber in punkto Unternehmenskultur hapert – was das Recruiting neuer Talente wiederum erschwert.“ 

Die Folgen einer schlechten Unternehmenskultur sind spür- sowie messbar – und wirken sich auch auf die Arbeitsqualität aus: Weniger als die Hälfte der befragten nicht-leitenden Angestellten (48 Prozent) bewertet die eigene Produktivität am Arbeitsplatz aktuell als „hoch“. Ähnlich sieht es bei der gefühlten Arbeitsplatzsicherheit (45 Prozent) und der Zufriedenheit am Arbeitsplatz (40 Prozent) aus. Nur ein Drittel von ihnen (33 Prozent) sind am Arbeitsplatz in hohem Maße sie selbst und authentisch. Allerdings gibt es hierbei deutliche Unterschiede: So bewertet mehr als die Hälfte der nicht-leitenden Angestellten (55 Prozent) in divers geführten Teams die eigene Zufriedenheit mit „gut“ bis „sehr gut“. Bei nicht-leitenden Angestellten, die die Aufstellung ihrer Führungskräfte dagegen als nicht divers bezeichnen, ist es dagegen weniger als jede und jeder Dritte (31 Prozent). Ein ähnliches Bild zeigt sich, wenn es um die Produktivität geht. Auch hier bewerten die Befragten divers geführter Teams (54 Prozent) diesen Wert deutlich höher als nicht-leitende Angestellte, deren Vorgesetztenteams keinen vielfältigen oder diversen Hintergrund haben (40 Prozent).

Nur drei von vier Unternehmen nutzen Blind-Lebensläufe

An den Einstellungspraktiken der Unternehmen lässt sich erkennen, dass die Zeichen der Zeit immer häufiger erkannt werden – auch wenn es hier noch Nachholbedarf gibt, wenn es um Vielfalt und Inklusion geht. So sagt zwar knapp die Hälfte der Managerinnen und Manager (49 Prozent), dass sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzig und allein aufgrund ihrer Qualifikation einstellen. So genannte Blind-Lebensläufe, in denen auf persönliche Daten wie Namen, Geschlecht oder Alter verzichtet wird, nutzt allerdings nur etwa eines von vier Unternehmen (28 Prozent).

Nur jedes dritte Unternehmen (33 Prozent) schult Personalverantwortliche zudem zu DE&I-Themen. Größte Herausforderung aus Sicht des Managements ist hierbei das Geld: Mehr als jede vierte Führungskraft (26 Prozent) gibt an, dass Haushalszwänge das Haupthindernis in diesem Bereich sind. Bangemann: „Auf inklusive Maßnahmen zu verzichten, weil sie auf den ersten Blick nicht ins Budget passen, kann sich mittel- und vor allem langfristig rächen. Die Zahlen zeigen: Angestellte akzeptieren eine mangelnde Unternehmenskultur nicht – und quittieren diese entweder mit mangelndem Einsatz und Produktivität oder gar mit der Kündigung. Beide Fälle kommen Unternehmen teurer zu stehen als Maßnahmen um die Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion zu verbessern.“ 

Hier können Sie die Studie kostenlos bestellen.

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