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Wie Nachhaltigkeitsberichterstattung den Unternehmenswert steigert

Nachhaltigkeitsberichte gelten oft als aufwendig und teuer – doch ihr Mehrwert geht weit über die reine Pflicht hinaus.


Überblick

  • Zukünftige Wertentwicklung: Während Finanzdaten vor allem die Vergangenheit darlegen, erweitern Nachhaltigkeitsindikatoren den Fokus auf zukünftige Gewinne.
  • Finanzielle Vorteile durch Nachhaltigkeit: Klare Nachhaltigkeitsdaten verbessern den Zugang zu günstiger Finanzierung und helfen, Risiken besser zu managen.
  • Transparenz schafft Mehrwert: Nachhaltigkeitsberichte stärken Beziehungen zu Stakeholdern und ermöglichen strategische Wettbewerbsvorteile.

Die Erstellung und Veröffentlichung von Nachhaltigkeitsberichten ist für Unternehmen auf den ersten Blick aufwendig und teuer: Häufig müssen neue Stellen geschaffen, Wirtschaftsprüfer beauftragt und weite Teile der Organisation in die Daten- und Informationsbeschaffung eingebunden werden.


Unternehmen berichten dennoch seit über 20 Jahren freiwillig zur Nachhaltigkeit. Warum eigentlich? Diese Unternehmen sind der Ansicht, dass ihre Geschichte nicht fertig erzählt ist, wenn nur Umsatz, Gewinn und Mitarbeiterzahlen zum Stichtag berichtet werden.


Sie gehen davon aus, dass man verstehen muss, welchen Wertbeitrag das Unternehmen zum gesellschaftlichen Zusammenhalt und zum Erhalt der Umwelt leistet, um seinen kompletten Wert zu begreifen. Diese Unternehmen berichten deshalb, was sie im Berichtsjahr von Natur und Gesellschaft genommen und gegeben haben, ebenso wie ihre Ziele und Maßnahmen, um beides zu verbessern. Ist das dann schon Greenwashing?

Nachhaltigkeitsberichterstattung hat in der Vergangenheit sicherlich positive Ereignisse überbetont und negative Auswirkungen sowie Risiken unterbewertet oder gar verschwiegen. Und genau hier liegt der große Mehrwert einer Berichts- und Prüfpflicht. Indem alle Unternehmen ab einer bestimmten Größe sowohl über ihre positiven als auch über ihre negativen Auswirkungen sowie über ihre Chancen und Risiken berichten müssen, bedeutet das für das einzelne Unternehmen, keine Nachteile befürchten zu müssen, weil es als Einziges über akute Klimarisiken an den eigenen Standorten berichtet. Das erhöht den Wert einer transparenten Darstellung des Status quo eines Unternehmens in Bezug auf Nachhaltigkeit. Und jetzt?
Eine transparente Nachhaltigkeitsberichterstattung von möglichst vielen Unternehmen zeichnet für seine Stakeholder ein realistischeres Bild vom eigentlichen Wert, den es im Berichtsjahr für Mensch, Umwelt und Wirtschaft geschöpft hat (und den es „genommen“ hat) sowie den Wertbeitrag, den wir zukünftig von ihm erwarten können. Woraus der Mehrwert von Nachhaltigkeit und der entsprechenden Berichterstattung erwächst, erläutern die folgenden Abschnitte.

Transparenz und Kollaboration für unternehmerischen Erfolg

Berichtsprozesse fordern und fördern die aktive Interaktion mit und die Einbeziehung von Stakeholdern. Dies können Unternehmen in vielerlei Hinsicht zu ihrem Vorteil nutzen. Zum einen kann eine vermehrte Interaktion mit Geschäftspartnern entlang der Wertschöpfungskette das Verhältnis zu diesen stärken und eine Kollaboration ermöglichen. Auf diese Weise können beispielsweise Prozesse verbessert, Kosten gesenkt oder sogar neue Produkte und Services entwickelt werden. Zum anderen geht die Einbeziehung von Stakeholdern auch mit einem verbesserten Verständnis derer Bedürfnisse einher. Auf diese Weise können beispielsweise die Erwartungen von (potenziellen) Kunden genau identifiziert werden, was einen Wettbewerbsvorteil darstellt. Auch intern hat eine vermehrte Einbeziehung von Stakeholdern Vorteile: Sind die Bedürfnisse von Mitarbeitenden bekannt, kann dies zu einer Verbesserung der Arbeitssituation und somit zu besseren Leistungen und erhöhter Verbundenheit mit dem Arbeitgeber führen.

Nachhaltigkeit als Motor für Investitionen und Finanzierung

Leistungen im Bereich Nachhaltigkeit, kommuniziert in Form von Nachhaltigkeitsberichten, eröffnen zunehmend auch Zugang zu Förderprogrammen oder besseren Finanzierungskonditionen. Hierzu gehören zum Beispiel Green Bonds, die ausschließlich für Projekte vergeben werden, die einen positiven Einfluss auf die Umwelt haben, ebenso wie Kredite von Förderbanken, die speziell an Unternehmen vergeben werden, die Projekte zum Schutz der Umwelt umsetzen und in der Regel einen günstigeren Zinssatz haben als Darlehen von privaten Kreditinstituten.

Auch lässt sich beobachten, dass Investoren zunehmend die Relevanz der Nachhaltigkeitsberichterstattung – und damit auch von ESG-Rankings und ­Ratings – für die langfristige Rentabilität ihrer Investitionen erkennen: Das Wissen über Wechselwirkungen zwischen einem Unternehmen und dessen Umfeld legt potenzielle Risiken offen, die Disruptionen verursachen und die Profitabilität eines Unternehmens beeinflussen können. So können Nachhaltigkeitsberichte zur Verbesserung der finanziellen Resilienz genutzt werden.


Auch lässt sich beobachten, dass Investoren zunehmend die Relevanz der Nachhaltigkeitsberichterstattung – und damit auch von ESG-Rankings und ­Ratings – für die langfristige Rentabilität ihrer Investitionen erkennen.


Das Potenzial, das Resilienz für Investoren haben kann, hat beispielsweise die World Bank bereits vor zehn Jahren erkannt: Im „The Triple Dividend of Resilience“-Bericht argumentieren die Autoren für den Business Case von unternehmerischer Resilienz und erläutern, warum Investitionen in Resilienz – selbst falls der Krisenfall nie eintreten sollte – einen positiven wirtschaftlichen Effekt haben. Ein gutes Risikomanagement forciert eine zukunftsgerichtete Planung und minimiert Unsicherheiten. Dadurch werden Investitionen und Innovationen angeregt, die die Produktivität steigern. Zudem können Maßnahmen zur Resilienzsteigerung „co-benefits“ haben: Gut designte Maßnahmen haben auch einen wirtschaftlichen Nutzen. Infrastruktur zum Schutz vor Überflutungen wie etwa Deiche kann gleichzeitig auch als Transportinfrastruktur genutzt werden, indem darauf Schienen oder Straßen gebaut werden.
 

Neben diesen Vorteilen, die genutzt werden können, auch wenn sich ein Risiko nie materialisiert, sind natürlich auch die Vorteile im Krisenfall nicht zu vernachlässigen. Eine hohe Resilienz minimiert in diesem Fall Verluste und Schäden. Zudem signalisiert die transparente Kommunikation von Nachhaltigkeitsbemühungen und ­kennzahlen, dass ein Unternehmen nicht nur kurzfristige Gewinne, sondern auch die strategische Sicherung langfristigen Erfolgs im Blick hat. Eine solche Zukunftsorientierung ist ebenfalls für Share- und Stakeholder relevant und erhöht so den Wert des Unternehmens.
 

Eine verbesserte Datenlage als Wettbewerbsvorteil
 

Erst das Zusammenspiel von Nachhaltigkeits- und Finanzdaten vermittelt einen Gesamteindruck vom Wert eines Unternehmens für die Gesellschaft. Während Finanzdaten vor allem die Vergangenheit darlegen, erweitern Nachhaltigkeitsindikatoren – und insbesondere auch die dazugehörigen Ziele und Maßnahmen – den Fokus auf zukünftige Gewinne und somit auf die zukünftige Wertentwicklung. Durch die Bündelung und gemeinsame Betrachtung dieser Daten in einem zentralen Datenspeicher oder einer integrierten Berichterstattung wird umfassenderer Kontext geschaffen. Auf diese Weise werden Wechselwirkungen zwischen Nachhaltigkeit und Finanzen aufgezeigt und Business Cases für nachhaltiges unternehmerisches Handeln können leichter erkannt, entwickelt und kommuniziert werden.


Erst das Zusammenspiel von Nachhaltigkeits- und Finanzdaten vermittelt einen Gesamteindruck vom Wert eines Unternehmens für die Gesellschaft. Während Finanzdaten vor allem die Vergangenheit darlegen, erweitern Nachhaltigkeitsindikatoren den Fokus auf zukünftige Gewinne und somit auch auf die zukünftige Wertentwicklung.


Diese Entwicklungen ermöglichen Unternehmen neue und verbesserte Einblicke, die auch genutzt werden können, um finanzielle Vorteile zu erzielen. Nachhaltigkeitsdaten können Aufschluss über Verbesserungspotenziale geben. So können zum Beispiel Möglichkeiten für Kosteneinsparungen durch Effizienzsteigerungen oder die Einführung neuer Technologien offengelegt werden. Genauso können aber auch Stärken und Chancen erkannt werden, die weiter ausgebaut oder genutzt werden sollten. Hierfür ist beispielsweise der Aspekt der doppelten Wesentlichkeitsanalyse (wie in der CSRD gefordert) relevant, bei der nicht nur die Auswirkungen der Unternehmenstätigkeiten auf die Umwelt und den Menschen, sondern auch die Auswirkungen von Umwelt- und Sozialaspekten auf das Unternehmen betrachtet werden.

Zudem kann eine gute Basis möglichst breit gefächerter Daten auch bei Due-Diligence-Prüfungen im Rahmen von Übernahmen oder anderweitigen Hochrisikoprozessen zu sichereren Ergebnissen und damit einer Wertsteigerung des Assets führen.

Wert verstehen

Ein Unternehmen wird maßgeblich durch seinen finanziellen Wert definiert und Führungskräfte streben dementsprechend nach einer Maximierung ebendieses Unternehmenswerts. Was genau maximiert und wie eine solche Maximierung zu erreichen ist, hängt unmittelbar davon ab, wie Investoren, Mitarbeitende und Gesellschaft Wert definieren. Um den Wandel des Wertbegriffs und dessen Unschärfen zu verstehen, ist ein Blick in die Vergangenheit hilfreich. Die Definition von Wert hat über die letzten Jahrhunderte und Jahrzehnte eine Transformation erlebt, die mit einer steigenden Komplexität der Wirtschaft einherging: Während in vorindustriellen Gesellschaften Wert durch den direkten Austausch gleichwertiger Güter definiert wurde, wurde mit der Industrialisierung zunehmend die investierte Arbeitszeit zum Maßstab für eine monetäre Bemessung von Wert. Im 19. Jahrhundert begann dann eine Verschiebung von der Produktion hin zum Konsum, bei der der Wert von Produkten und Dienstleistungen bis heute von Angebot und Nachfrage abhängt. Der daraus resultierende Marktpreis gibt jedoch nicht den Preis wieder, den ein Produkt haben müsste, wenn externe Effekte wie Umweltverschmutzung und Ressourcenverbrauch oder soziales Kapital wie Ehrenamtsstrukturen mit einberechnet würden. Nicht zuletzt deshalb ist zu erwarten, dass der Wertbegriff zukünftig eine weitere Transformation durchlaufen wird, in der nicht mehr nur der ökonomische Marktwert, sondern auch die soziale und die ökologische Leistung maßgebend für eine ganzheitliche Wertbeurteilung sein werden.


Ganzheitlichen Unternehmenswert schaffen

Dieser ganzheitliche Unternehmenswert entspricht der immer breiter akzeptierten Vorstellung, dass den Wert eines Unternehmens nicht ausschließlich finanzielle KPIs ausmachen, sondern auch der soziale und ökologische Mehrwert, den ein Unternehmen für seine Stakeholder generiert. Das bestätigt auch eine EY-Befragung, bei der Unternehmen, die Nachhaltigkeit in ihre Unternehmensstrategie integriert haben, zu 94 Prozent davon ausgehen, dass sie in den kommenden zwölf Monaten profitabel wachsen werden, während andere Unternehmen dies nur zu 71 Prozent erwarten. Daraus ergibt sich eine Ausweitung des aktuellen Unternehmenswerts weg von einer reinen Betrachtung des finanziellen Marktwerts oder einer Preisbetrachtung, hin zu einer ganzheitlichen Betrachtung des gesellschaftlichen Mehrwerts – und das, obwohl dieser (noch) nicht immer mess- oder quantifizierbar ist.

Unternehmenswert
der Unternehmen gehen davon aus, dass sie in den kommenden zwölf Monaten profitabel wachsen werden.

Diese nichtfinanziellen Informationen lassen sich in drei Kategorien einteilen, die den Unternehmenswert maßgeblich beeinflussen:

  1. Monetarisierbare Werte: Informationen, die gut quantifizierbar sind und auch mit einem Marktpreis versehen werden können, wie beispielsweise CO2-Emissionen.
  2. Quantifizierbare Werte: Informationen, die zwar quantifizierbar sind, aber nicht direkt mit einem Marktpreis versehen werden können. Diese Werte sind dennoch vergleichbar zu Vorjahres- oder Zielwerten eines Unternehmens und können bei Entscheidungen berücksichtigt und auch „verzielt“, also maximiert werden. Zudem sind sie unter bestimmten Voraussetzungen auch vergleichbar mit den Werten anderer Unternehmen mit ähnlichen operativen Tätigkeiten. Zu dieser Art von Informationen gehört beispielsweise die Anzahl von Arbeitsunfällen oder von Korruptionsfällen.
  3. Rein qualitative, nichtfinanzielle Werte: Diese Informationen ergänzen die quantitativen Informationen, indem sie Interessierten ermöglichen, sich ein vollständigeres Bild zu machen. Somit tragen sie maßgeblich zur Reputationsbildung und zur Kontextualisierung der oberen Werte bei. Dies kann beispielsweise das Bereitstellen von Beschwerdemechanismen im Unternehmen sein. 

Die Quantifizierung von Nachhaltigkeitsaspekten ermöglicht sowohl die Erfassung eines solchen nichtfinanziellen Unternehmenswerts als auch eine Analyse des finanziellen Wertes, der durch Nachhaltigkeitsleistungen generiert wird. Hierzu gehört beispielsweise eine Steigerung des Umsatzes, die darauf zurückzuführen ist, dass ein Unternehmen den Ruf hat, ökologisch und/oder sozial verantwortungsvoll zu handeln. Ein geprüfter Nachhaltigkeitsbericht, der an den finanziellen Bericht anknüpft, ermöglicht einen direkten Vergleich und eine gemeinsame Analyse zur Beurteilung des vollumfänglichen Unternehmenswerts. Auf diese Weise leisten Nachhaltigkeitsberichte heute schon einen wichtigen Beitrag zur Transparenz und ermöglichen es, essenzielle nichtfinanzielle Informationen in die Bewertung eines Unternehmens einzubeziehen.

Fazit

Die Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten mag zunächst als aufwendig und kostspielig erscheinen, doch sie bietet Unternehmen die Möglichkeit, ihren ganzheitlichen Wert für Gesellschaft und Umwelt zu kommunizieren. Durch Transparenz in der Berichterstattung können Unternehmen nicht nur ihre positiven und negativen Auswirkungen offenlegen, sondern auch die Beziehungen zu Stakeholdern stärken und Wettbewerbsvorteile erlangen. Zudem gewinnen Nachhaltigkeitsdaten für Investitionen und Finanzierung stetig an Bedeutung, da sie zur Risikominimierung und Resilienzsteigerung beitragen. Letztlich zeigt sich, dass eine umfassende Betrachtung und eine verständliche Offenlegung finanzieller und nichtfinanzieller Werte entscheidend für die strategische Ausrichtung und den langfristigen Erfolg eines Unternehmens sind.

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