Nach CSU und CDU hat am 30.04.2025 auch die SPD offiziell ihre Zustimmung zum Koalitionsvertrag verkündet. Als nächste Schritte sind am 06.05.2025 die Wahl des Bundeskanzlers und die Ernennung der Minister vorgesehen. Unmittelbar im Anschluss könnte die neue Bundesregierung in einem 100-Tage-Programm eine Reihe von Reformvorhaben anstoßen. Dazu zählt auch eine Unternehmensteuerreform.
Degressive AfA
Laut Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD entschieden, auf ein klassisches Instrument der Konjunkturpolitik zurückzugreifen: Als Investitionsbooster kündigen sie eine degressive Abschreibung auf Ausrüstungsinvestitionen i.H.v. 30 Prozent an. Da die Abschreibung in den Jahren 2025, 2026 und 2027 gewährt werden soll, müsste sie idealerweise vor der Sommerpause eingeführt werden, um im Jahr 2025 noch signifikante Anreizeffekte zu entfalten. Unklar ist derzeit, ob Investitionen ab einem Stichtag, z.B. ab dem 01.07.2025, oder rückwirkend bereits früher im Jahr 2025 getätigte Investitionen gefördert werden sollen. Sofern die Ausgestaltung wie in der Vergangenheit in § 7 Abs. 2 EStG erfolgt, wäre die geometrisch-degressive Absetzung für Abnutzung (AfA) auf alle abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens anwendbar. Der Abschreibungssatz würde 30 Prozent der fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten, höchstens aber das 3-Fache der jeweils zulässigen linearen AfA betragen.
Senkung der Körperschaftsteuer
Die Körperschaftsteuer soll in fünf Schritten um jeweils einen Prozentpunkt sinken, wobei der erste Schritt für den 01.01.2028 vorgesehen ist. Erfolgen die weiteren Schritte jährlich, würde der Körperschaftsteuersatz am 01.01.2032 den Zielwert von 10 Prozent erreichen. Bereits im Jahr 2025 könnten alle fünf Schritte gesetzlich fixiert werden und dann nach und nach in Kraft treten.
Personengesellschaften
Als Gegenstück zur Senkung der Körperschaftsteuer soll den der Einkommensteuer unterliegenden Unternehmen eine rechtsformneutrale Besteuerung ermöglicht werden. Dazu will die Koalition das Optionsmodell (§ 1a KStG) und die Thesaurierungsbegünstigung (§ 34a EStG) wesentlich verbessern. An welchen Stellschrauben genau gedreht wird, ist noch nicht absehbar. Darüber hinaus will die Koalition prüfen, ob ab 2027 die gewerblichen Einkünfte neu gegründeter Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform in den Geltungsbereich der Körperschaftsteuer und damit offenbar in ein neues System einer einheitlichen Unternehmensbesteuerung fallen können.
Forschungszulage
Bei der steuerlichen Forschungszulage plant die Koalition einen Dreisprung: Der Fördersatz (derzeit 25 Prozent bzw. 35 Prozent für kleine und mittlere Unternehmen) und die Bemessungsgrundlage (derzeit maximal 10 Mio. Euro) sollen deutlich angehoben und das Verfahren vereinfacht werden. Es bleibt abzuwarten, welche Wege die Koalition im Detail findet, die Forschungszulage unter Beachtung des EU-beihilferechtlichen Rahmens attraktiver zu gestalten.
Sonderabschreibung für Elektromobilität
Für Elektrofahrzeuge ist eine Sonderabschreibung vorgesehen. Das Vorhaben erinnert an die von der Ampelkoalition bereits im Verfahren zum Steuerfortentwicklungsgesetz geplante arithmetisch-degressive Abschreibung für sämtliche Arten von Elektrofahrzeugen, die zum Anlagevermögen zählen. Demnach sollte sich der Abschreibungssatz aus einem festen Tableau ergeben und im Jahr der Anschaffung (auch bei unterjähriger Anschaffung) fest 40 Prozent sowie in den Folgejahren jeweils 24, 14, 9, 7 und 6 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten betragen. Alternativ könnte die Koalition die im Jahr 2019 in § 7c EStG eingeführte, aber mangels EU-beihilferechtlicher Genehmigung der EU-Kommission nie in Kraft getretene Sonderabschreibung für Elektronutzfahrzeuge und E-Lastenfahrräder wiederbeleben und diese auf weitere Fahrzeugtypen ausdehnen.
Darüber hinaus soll in der Dienstwagenbesteuerung die Bruttopreisgrenze bei der steuerlichen Förderung von E-Fahrzeugen auf 100.000 Euro angehoben werden. Werfen Sie hierzu auch einen Blick in die sich diesem Artikel anschließende Artikelgalerie unserer Kollegen der People Advisory Services).
Stromsteuer
Als Sofortmaßnahme soll die Stromsteuer für alle auf das EU-Mindestniveau sinken. Damit würden nicht nur, wie derzeit, Unternehmen des produzierenden Gewerbes, sondern auch alle anderen Unternehmen sowie Privatpersonen von dieser Entlastung profitieren.
Ausblick
Ob die oben genannten Maßnahmen in dieser Zusammenstellung in ein erstes steuerliches Gesetzgebungsverfahren eingebracht oder ggf. in mehreren Schritten umgesetzt werden, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Insbesondere die geplanten Verbesserungen für Personengesellschaften dürften aufgrund ihrer Komplexität eher Kandidaten für eine mittelfristige Umsetzung sein. Zeitdruck besteht dagegen bei der degressiven AfA. Soll diese bereits wie angekündigt für das Jahr 2025 gelten, müsste die Umsetzung so schnell wie möglich erfolgen. Laut Koalitionsvertrag müsste mit dem gleichen Gesetz die Senkung der Körperschaftsteuer erfolgen. Nutzt die Koalition bestehende Spielräume, könnte ein Gesetz noch vor der Sommerpause Bundestag und Bundesrat passieren.
EY-Umfrage
Was halten Sie als Steuerexperten von den Plänen der Koalition im Unternehmensteuerrecht? Gibt die Koalition damit den lang erwarteten Wachstumsimpuls? Oder fehlen wichtige Maßnahmen? In drei Frageblöcken können Sie zu den im Koalitionsvertrag enthaltenen steuerlichen Maßnahmen im Bereich der Unternehmensbesteuerung Stellung beziehen und Ergänzungsvorschläge unterbreiten.
Direkt zur EY-Umfrage kommen Sie hier.