FG Schleswig-Holstein zum steuerlichen Querverbund mit einem Bäderbetrieb unter Einbeziehung von BHKWs

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Gabriele Kirchhof

28 Juli 2022

Das Finanzgericht Schleswig-Holstein (FG) hat sich in einem Urteil vom 17. Juni 2021 (Az.: 1 K 115/17) zum steuerlichen Querverbund zwischen einem Bäderbetrieb und einem Wasserversorgungsbetrieb unter Einbeziehung von Blockheizkraftwerken (BHKW) geäußert.

Sachverhalt 

In dem Sachverhalt, der diesem Streitverfahren zugrunde lag, hatte das beklagte Finanzamt (FA) der Klägerin, einer Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR), die Verrechnung von Verlusten aus einem Freibad mit den Gewinnen ihres Wasserversorgungsbetriebs sowie von zwei BHKW untersagt. Das größere BHKW stand auf dem Gelände des Freibades und versorgte dieses im Sommer mit Wärme. Der Strom wurde an die örtlichen Stadtwerke verkauft; mit der Wärme aus diesem BHKW belieferte die AöR ansonsten Anwohner in dem angrenzenden Wohngebiet. Das kleinere BHKW versorgte eine an anderer Stelle des Gemeindegebietes befindliche Biogasanlage, welche den Betriebsstoff (Biogas) für das Freibad-BHKW lieferte. 
 
Das FA war zwar der Auffassung, dass die AöR den Biogasanlagenbetrieb (samt dortigem BHKW) sowie das BHKW bei dem Freibad mit ihrem Wasserversorgungbetrieb aufgrund ihrer Gleichartigkeit als Versorgungsbetriebe i.S. von § 4 Abs. 6 Nr. 1 KStG zu einem „Versorgungs-BgA“ zusammenfassen durfte. Das Freibad sei aber ein davon – und vor allem auch von dem BHKW auf dessen Gelände – zu trennender eigener BgA, der nicht i.S. von § 4 Abs. 6 Nr. 2 KStG auf enge Weise wechselseitig mit dem Versorgungs-BgA verflochten sei. Die Wärmeproduktion des BHKW sei für das Freibad überdimensioniert, die Wärme werde überwiegend – und im Winter sogar ausschließlich - an Dritte abgegeben; zudem habe die AöR keine eigene Stromversorgung, welcher der in dem BHKW erzeugte Strom zugutekomme. 

Entscheidung des FG  

Das FG gab der Klage der AöR statt. Das FA habe zwar zu Recht die BHKWs als eigenen, hier mit der Wasserversorgung zusammenfassbaren BgA und nicht etwa – wie die Klägerin meinte – als notwendiges Betriebsvermögen des Freibad-BgAs angesehen, da die BHKWs aufgrund ihrer insbesondere im Stromverkauf nicht unerheblichen Erlöse als eigene wettbewerbsrelevante Tätigkeit der AöR ausreichend genug abgrenzbar seien. Das BHKW auf dem Freibadgelände sei auch kein notwendiges Betriebsvermögen des Bäder-BgA, da es den überwiegenden Teil seiner Erlöse aus Strom-/Wärmelieferungen an Dritte (Strom an Stadtwerke, Wärme an Anwohner) erziele. 
 
Entgegen der Meinung des beklagten FA weise der Freibad-BgA jedoch eine ausreichende technisch-wirtschaftliche Verflechtung mit dem zusammengefassten Versorgungs-BgA der Klägerin auf und könne somit seinerseits mit dem letztgenannten BgA steuerwirksam (d.h. mit Verlustverrechnung) zusammengefasst werden. Die Finanzverwaltung habe in dem BMF-Schreiben vom 12.November 2009 (BStBl. 2009 I, S. 1303, Tz. 5) die sog. „Mitschlepptheorie“ anerkannt, nach der es für die Zusammenfassung eines BgA (hier: Freibad) mit einem bereits zusammengefassten BgA (hier: Versorgungs-BgA) genüge, wenn die Zusammenfassungsvoraussetzungen zwischen diesem BgA und nur einem der BgA (hier: BHKW-BgA) des zusammengefassten BgA vorlägen. Die dafür erforderliche Gewichtigkeit der Verflechtung zwischen Freibad-BgA und BHKW-BgA sei im Entscheidungsfall gegeben: Das BHKW auf dem Freibadgelände decke zu 100 % den saisonalen Wärmebedarf des Bades ab und sei auch genau daraufhin ausgelegt. Zudem sei die Wärmelieferung an das Bad insbesondere auch im Hinblick auf den sog. „KWK-Bonus“ bei der Stromeinspeisung in das Stadtwerke-Netz wirtschaftlicher als eine Wärmversorgung des Freibades mit herkömmlichen Heizkesseln. 
 
Das FG führt weiter aus, dass seine Entscheidung nicht im Widerspruch zu dem - speziell sich mit BHKWs als Verflechtungskriterium befassenden - BMF-Schreiben vom 11.Mai 2016 (BStBl. 2016 I, S. 479) stünde. Dies schon deswegen, weil es in jenem Schreiben vor allem um Fallgestaltungen ginge, in denen ein BHKW lediglich das „Zusammenfassungsmedium“ sei, während im vorliegenden Fall die BHKWs aufgrund ihrer eigenen Gewichtigkeit wie gezeigt einen eigenen BgA darstellten. In einer solchen Konstellation könne nach dem o.a. BMF-Schreiben vom 12.November 2009 (a.a.O., Tz. 8) richtigerweise der Zusammenschluss eines Versorgungs-BgA mit einem Bäder-BgA erfolgen, ohne dass es darauf ankäme, ob der Versorgungs-BgA auch ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen i.S.d. § 3 Nr. 22 EEG sei und überwiegend Letztverbraucher versorge. 

Fazit  

Das FG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen. Sollte diese von der Finanzverwaltung eingelegt werden, müsste sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit der Frage auseinandersetzen, ob ein BHKW einen eigenen Versorgungs-BgA bilden und zugleich als Verbundklammer – letztlich zwischen ihm selbst und dem Bäderbetrieb – dienen kann. 
 
Ebenso wäre zu klären, ob die vom FG angenommen Verflechtung „von einigem Gewicht“ auch zwischen dem Freibad und dem aus der Wasserversorgung und dem BHKW zusammengefassten BgA bestand. Das FG hat an dieser Stelle nur darauf abgestellt, dass die BHKW-Umsatzerlöse aus Strom- und Wärmeverkauf ca. die dreifache Höhe der Wasserversorgungs-Umsätze erreichten. Somit sei der BHKW-BgA für den zusammengefassten Versorgungs-BgA prägend. Im Ergebnis genüge also die Verflechtung zwischen dem BHKW-BgA und dem Freibad. Diese Argumentation erscheint nicht zwingend. 
 
Es ist somit durchaus noch Zurückhaltung bei der Anwendung des FG-Urteils auf andere Fälle angesagt und zunächst abzuwarten, ob die Finanzverwaltung Revision einlegen wird. 
 
Autoren: RA StB Matthias Beier, RA Jörg Bittscheidt