Überarbeitung des DRS 18 durch E-DRÄS 11

Ausgangssituation

Die Bilanzierung latenter Steuern wurde im Zuge des BilMoG im Jahr 2010 vollständig neu geregelt. Neben der Einführung des international üblichen bilanzorientierten Temporary-Konzepts wurden sowohl für die Bilanzierung latenter Steuern im Jahresabschluss mit § 274 HGB als auch im Konzernabschluss mit § 306 HGB eine Reihe von Detailregelungen formuliert. Der Deutsche Standardisierungsrat (DSR) beim Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) hat die seinerzeitigen Neuregelungen mit dem Standard DRS 18 kommentiert und eine Reihe von Zweifelsfragen behandelt.

Seit seiner Verabschiedung ist DRS 18, abgesehen von redaktionellen Anpassungen und punktuellen Ergänzungen, unverändert geblieben. Daher beschloss der HGB-Fachausschuss (HGB-FA) beim DRSC im Jahr 2018, den Standard einer inhaltlichen Überprüfung zu unterziehen, die nunmehr mit dem vorliegenden Entwurf des Änderungsstandards Nr. 11 (E-DRÄS 11) umgesetzt werden soll.

Aktuelle Entwicklungen

Der HGB-FA verfolgt mit E-DRÄS 11 das Ziel, Anwenderfragen aufzugreifen und Unklarheiten im Standard zu bereinigen sowie einige redaktionelle Änderungen am Standard einzuarbeiten. Die wichtigsten Änderungen beziehen sich hierbei auf die folgenden Themen:

a)     Latente Steuern auf einen Geschäfts- oder Firmenwert bzw. auf einen passiven Unterschiedsbetrag im Jahresabschluss

Mit E-DRÄS 11 wird die in der Literatur kontrovers diskutierte Frage behandelt, ob und inwieweit für latente Steuern auf Buchwertdifferenzen zwischen der Handels- und der Steuerbilanz aus dem erstmaligen Ansatz eines Geschäfts- oder Firmenwerts im Jahresabschluss ein Ansatzgebot, ein Ansatzverbot oder ein Ansatzwahlrecht besteht. Für den erstmaligen Ansatz eines Geschäfts- oder Firmenwerts bzw. eines passiven Unterschiedsbetrags im Konzernabschluss wird in §§ 306 Satz 3 i. V. m. 301 Abs. 3 HGB klargestellt, dass hier ein Ansatzverbot besteht, was mit der neu eingefügten Tz. 27a auch in DRS 18 ergänzt wird. Eine entsprechende Regelung fehlt in § 274 HGB für den Jahresabschluss. Hierzu regelt die mit dem E-DRÄS 11 neu eingefügte Tz. 27b, dass auf die Buchwertdifferenzen aus dem erstmaligen Ansatz eines Geschäfts- oder Firmenwerts nach § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB Tz. 27a entsprechend angewendet werden darf, aber nicht muss. Damit besteht im Jahresabschluss nach Auffassung des HGB-FA ein zumindest implizites Wahlrecht zwischen einem Ansatz und einem Nichtansatz, wobei er in der Begründung eine Präferenz zugunsten eines Nichtansatzes zum Ausdruck bringt (vgl. E-DRS 18, Tz. B6c).

Neben Regelungen zu latenten Steuern im Zusammenhang mit dem erstmaligen Ansatz eines Geschäfts- oder Firmenwerts oder eines passiven Unterschiedsbetrags wird mit Tz. 27c auch eine Neuregelung zur Folgebewertung dieser Posten ergänzt. Demnach sind für Zwecke der Folgebewertung latente Steuern auf Buchwertdifferenzen beim Geschäfts- oder Firmenwert bzw. beim passiven Unterschiedsbetrag anzusetzen, soweit sie auf temporären Differenzen beruhen, die auf einen steuerlich abzugsfähigen Geschäfts- oder Firmenwert bzw. einen steuerlich zu berücksichtigenden passiven Unterschiedsbetrag zurückzuführen sind. Diese Situation kann immer dann eintreten, wenn ein Geschäfts- oder Firmenwert beim erstmaligen Ansatz in Handels- und Steuerbilanz in gleicher Höhe bilanziert wird, sich im Rahmen der Folgebewertung aber z. B. aufgrund von unterschiedlichen Nutzungsdauern oder außerplanmäßigen Abschreibungen Differenzen zwischen dem Wertansatz in der Handels- und in der Steuerbilanz ergeben.

b)    Outside Basis Differences

Mit der Überarbeitung des DRS 18 strukturiert der HGB-FA den Standard stärker mithilfe von Zwischenüberschriften. So werden die bisherigen Regelungen in Tz. 28 zu Outside Basis Differences unter einer gesonderten Überschrift erfasst. Das in Tz. 28 geregelte Ansatzverbot für temporäre Differenzen, die sich zwischen dem steuerlichen Wertansatz einer Beteiligung an einem Tochterunternehmen, assoziierten Unternehmen oder Gemeinschaftsunternehmen und dem handelsrechtlichen Wertansatz des im Konzernabschluss angesetzten Nettovermögens ergeben, bleibt unverändert bestehen, weil die entsprechende gesetzliche Vorgabe des § 306 Satz 4 HGB unverändert bleibt.

Vielmehr ergänzt der HGB-FA mit Tz. 28a ein weiteres Ansatzverbot für temporäre Differenzen zwischen dem steuerlichen Wertansatz und dem handelsrechtlichen Nettovermögen einer Zweigniederlassung bzw. einer Betriebsstätte, wenn deren Einkommen im Inland aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen freigestellt ist und im Sitzstaat der Besteuerung unterliegt. Bei dieser Regelung stellt sich bereits von der thematischen Einordnung her die Frage, ob es sich bei den hier betrachteten Differenzen tatsächlich um Outside Basis Differences handelt. Denn die Hauptniederlassung hält keine Beteiligung an der Zweigniederlassung, was allerdings nach § 306 Satz 4 HGB per Definition für die Begründung von Outside Basis Differences erforderlich ist.

c)     Latente Steuern im Zusammenhang mit der Währungsumrechnung

Unter der neu eingefügten Zwischenüberschrift „Latente Steuern bei der Währungsumrechnung“ werden mit den Tz. 31a–31c Neuregelungen zur Bilanzierung latenter Steuern im Zusammenhang mit der Währungsumrechnung gefasst, die im Wesentlichen den bereits geltenden Vorschriften des DRS 25.40 entsprechen. Hierbei wird in Tz. 31a klargestellt, dass die Eigenkapitaldifferenz aus der Währungsumrechnung gemäß § 308a Satz 3 HGB keine temporäre Differenz i. S. d. § 306 Satz 1 HGB darstellt und eine Bilanzierung von latenten Steuern gemäß § 306 Satz 1 HGB daher nicht in Betracht kommt.

Außerdem werden mit den Tz. 31b und 31c Regelungen zur Bildung latenter Steuern bei der Währungsumrechnung von Zweigniederlassungen bzw. Betriebsstätten mit Sitz außerhalb der Eurozone formuliert, deren Einkommen im Sitzstaat der Besteuerung unterliegt und die im Inland aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen freigestellt sind. Demnach sind bei diesen Zweigniederlassungen bzw. Betriebsstätten temporäre Differenzen im Vermögen der Zweigniederlassung und die daraus resultierenden latenten Steuern in deren Währung zu ermitteln. Zur Ermittlung der temporären Differenzen sind die in fremder Währung nach den deutschen handelsrechtlichen Bestimmungen ermittelten Wertansätze der Vermögensgegenstände und Schulden der Zweigniederlassung den entsprechenden steuerrechtlichen Wertansätzen gegenüberzustellen. Im Ergebnis werden die temporären Differenzen und die damit verbundenen latenten Steuern so ermittelt, als ob die Zweigniederlassung ein rechtlich selbstständiges Unternehmen wäre.

d)    Zwischenergebniseliminierung

Bereits in der aktuellen Fassung des DRS 18 regelt Tz. 45, dass bei temporären Differenzen, die bei der Eliminierung von Zwischenergebnissen aus konzerninternen Lieferungen und Leistungen gemäß § 304 Abs. 1 HGB entstehen, der Steuersatz des die Lieferung oder Leistung empfangenden Unternehmens maßgeblich ist, weil dieses Unternehmen die künftige Realisation der Differenz versteuern muss.

In Ausnahmefällen können bei der Zwischenergebniseliminierung andere Steuersätze verwendet werden, wenn dadurch realitätsnähere Informationen als bei Verwendung der Steuersätze nach Tz. 45 vermittelt werden (vgl. E-DRS 18, Tz. 45a). Dies kann z. B. bei konzerninternen Lieferungen der Fall sein, bei denen das die Lieferung empfangende Unternehmen eine Personengesellschaft ist. Diese Überlegungen werden in der Begründung mit einem Beispiel in Tz. B10b weiter erläutert.

e)     Angaben im Konzernanhang

Im Konzernanhang sind die latenten Steuersalden am Ende des Geschäftsjahres und die im Laufe des Geschäftsjahres erfolgten Änderungen dieser Salden anzugeben, wenn latente Steuerschulden in der Konzernbilanz angesetzt werden (§ 314 Abs. 1 Nr. 22 HGB). Die hierzu in DRS 18.63c formulierte Konkretisierung wird sprachlich angepasst, um klarzustellen, dass die Angabepflicht unabhängig davon besteht, ob die in der Konzernbilanz ausgewiesenen latenten Steuerschulden aus der Anwendung des § 274 HGB i. V. m. § 298 Abs. 1 HGB oder aus der Anwendung von § 306 HGB resultieren. Dies wird in der Begründung in Tz. B15b weiter erläutert.

Außerdem werden die Angabepflichten gemäß DRS 18.66 und 18.67 zu Betrag und etwaigem Zeitpunkt des Verfalls von nicht berücksichtigten abzugsfähigen temporären Differenzen sowie zur Erstellung einer sog. steuerlichen Überleitungsrechnung gestrichen. Bislang war ohnehin umstritten, ob diese Angabepflichten die gesetzlichen Vorgaben konkretisieren oder darüber hinausgehen. Mit der Streichung dieser Angabepflichten kann die bislang erforderliche Angabepflicht des Abschlussprüfers im Prüfungsbericht gemäß IDW PS 450.134 entfallen, wenn die Angaben entgegen dem bisherigen DRS 18 nicht im Konzernanhang gemacht wurden.

Handlungsbedarf

Der HGB-FA des DRSC bittet alle interessierten Personen und Organisationen bis zum 28. Februar 2020 um Stellungnahme zu E-DRÄS 11. Außerdem enthält der Entwurf einen Fragenkatalog zu bestehenden Neuregelungen und zu Fragestellungen, die im Entwurf nicht behandelt werden.

Die geänderte Fassung des DRS 18 ist erstmals für das nach dem 31. Dezember 2020 beginnende Geschäftsjahr zu beachten, was eine Verabschiedung und Veröffentlichung des Standards noch in diesem Jahr voraussetzt. Eine frühere Anwendung ist zulässig und wird empfohlen.