Swapaufwendungen unterliegen laut BFH nur der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung, wenn der Darlehens- mit dem Swap-Vertrag eine wirtschaftliche Einheit bildet. Ein bloßer Kausal- oder Veranlassungszusammenhang reicht dem BFH dafür nicht aus. In einem von EY geführten Verfahren widersprach der BFH der Ansicht der Finanzverwaltung.
Entscheidend für die Verneinung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung war, dass dem Zinsswap kein Vergütungscharakter für die Überlassung von Fremdkapital zu Grunde lag. Im konkreten Fall schloss eine GmbH im Jahr 2006 einen variabel verzinsten Darlehensvertrag mit einem Bankenkonsortium mit Laufzeit bis 31.12.2022 ab. Parallel dazu schloss sie ein „Hedge Agreement“ ab, in dem die Absicherung von 50 Prozent des Darlehens gegen Zinsschwankungen für mindestens die nächsten sieben Jahre vereinbart wurde. Noch im Jahr 2006 traten dem Konsortium weitere Banken bei, wobei die bisherigen Konsortialbanken einen Teil ihrer Vertragsposition an die neuen Banken abtraten. Mit einigen der beteiligten Banken schloss die Klägerin Zinsswap-Verträge mit fester Laufzeit bis zum 31.12.2014 über einen Sicherungsbetrag ab, der jeweils über der Darlehensvaluta lag. Handelsbilanziell hat die GmbH eine Bewertungseinheit nach § 254 HGB zwischen Darlehens- und Sicherungsgeschäft ausgewiesen. In den Streitjahren 2010 und 2011 resultierte aus den Zinsswaps Aufwand, da der variable Zins deutlich gefallen und in diesen Jahren unter dem vereinbarten Zins des Swaps blieb.
Streitig war, ob die Swapaufwendungen als Entgelte für Schulden i.S.d. der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung (§ 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG) zu qualifizieren sind. Mit Urteil vom 16.11.2023 (III R 27/21) verneinte der BFH die gewerbesteuerliche Hinzurechnung der Swapaufwendungen. Grundsätzlich sei für jedes Schuldverhältnis die Prüfung der Voraussetzungen des § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 GewStG separat vorzunehmen. Ausnahmsweise können mehrere Geschäfte jedoch als einheitliche Schuld betrachtet werden, wenn die einzelnen Schuldverhältnisse wirtschaftlich zusammenhängen und dieser Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben kann. Diese Grundsätze seien auch bei Zinsswaps anwendbar, die als Sicherungsgeschäfte bei Darlehensverträgen mit variablem Zinssatz geschlossen werden. Die Swapaufwendungen könnten nur Entgelte für Schulden sein, wenn der Darlehens- und der Zinsswap-Vertrag eine wirtschaftliche Einheit bilden und den Aufwendungen dadurch (ausnahmsweise) zinsähnlicher Charakter zukomme. Bei isolierter Betrachtung lehnt der BFH die Hinzurechnung für Swapaufwendungen ab, da sie nicht unmittelbar für die Überlassung von Kapital erbracht werden.
Laut BFH reicht es für eine wirtschaftliche Einheit nicht aus, wenn der eine Vertrag nicht ohne den anderen geschlossen worden wäre oder im Darlehensvertrag der Zinsswap-Vertrag als Absicherungsgeschäft vereinbart wurde. Ein Kausal- oder Veranlassungszusammenhang begründe dennoch nicht zwingend eine wirtschaftliche Einheit. Vielmehr müssten beide Geschäfte im Wesentlichen unter sachlicher, zeitlicher und personeller Betrachtung miteinander verflochten sein. Dies sei erfüllt, wenn beide Geschäfte bezüglich der vertragschließenden Personen, der Beträge, Laufzeiten, Zeitpunkte des Vertragsschlusses und Fälligkeitstermine der Zins- und Swap-Verbindlichkeiten aufeinander abgestimmt sind.
Im vorliegenden Fall waren jedoch weder die Laufzeiten noch die Darlehensvaluta und der Sicherungsbetrag der Swaps oder die Zahlungstermine aufeinander abgestimmt. Auch das Eintreten weiterer Banken in das Konsortium änderte daran nichts. Zudem seien die Swaps auch nicht zu Spekulationszwecken vereinbart worden. Auch die Bildung einer handelsbilanziellen Bewertungseinheit (hier nach § 254 HGB) hat laut BFH keinen Einfluss auf das Vorliegen von Entgelten für Schulden i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 GewStG. Inwiefern der Abschluss eines Darlehensvertrags mit einem Bankenkonsortium und der separierte Abschluss von Zinsswaps mit einzelnen Banken des Konsortiums für das Kriterium der Personenidentität ausreicht, ließ der BFH offen. Hilfreich war jedoch, dass sich die Darlehensvaluta und der Sicherungsbetrag über die Laufzeit unterschiedlich entwickelten.
Das Urteil hat wichtige praktische Implikationen hinsichtlich des Abschlusses von Swap-Vereinbarungen. Demnach ist u.a. darauf zu achten, dass sich Grundgeschäft und Swap in sachlicher oder zeitlicher oder personeller Betrachtung ausreichend voneinander unterscheiden, dass eine Qualifizierung als wirtschaftliche Einheit und damit eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung ausscheidet. Demgegenüber wird die Finanzverwaltung einer Kürzung von Erträgen aus Swapgeschäften für gewerbesteuerliche Zwecke kritisch gegenüberstehen.
In seinem Urteil weist der BFH auch auf die erforderliche Gesamtwürdigung der vertraglichen Vereinbarungen und der tatsächlichen Durchführung des Darlehens und des Zinsswaps hin.
Die Frage, ob Swapaufwendungen der Zinsschranke nach § 4h EStG unterliegen, war ebenfalls Gegenstand dieses Verfahrens. Mit Beschluss vom 19.05.2021 wurde das Verfahren (bisher XI R 44/19) hinsichtlich dieser Frage abgetrennt und bis zur Entscheidung des BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke (2 BvL 1/16) ausgesetzt. Das FG Berlin-Brandenburg hatte als Vorinstanz auch die Anwendbarkeit der Zinsschranke verneint (Urteil vom 08.01.2019, 6 K 6242/17). Für aktuelle Fälle sind insoweit die aktuellen Änderungen bei der Zinsschranke zu beachten. Nach Ausgliederung aus dem Wachstumschancengesetz in das Kreditzweitmarktförderungsgesetz vom 22.12.2023 (BGBl. 2023 I Nr. 411) wurde die Zinsschranke umfassend reformiert und der Begriff der Zinsaufwendungen i.S.d. Zinsschranke (aber nicht der Begriff Entgelte für Schulden in § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG) durch Anpassung an die Vorgaben der ATAD für nach dem 14.12.2023 beginnende und nicht vor dem 01.01.2024 endende Wirtschaftsjahre deutlich erweitert (vgl. EY-Steuernachricht vom 13.12.2023).
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
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