Teilwerterhöhung bei Fremdwährungsdarlehen

Eine Teilwertzuschreibung wegen voraussichtlich dauernder Werterhöhung von Verbindlichkeiten aus Fremdwährungsdarlehen ist laut BFH zulässig, wenn der Euro-Wert gegenüber der Fremdwährung aufgrund einer fundamentalen Änderung der wirtschaftlichen oder währungspolitischen Daten der beteiligten Währungsräume gesunken ist. Dies gelte für alle Fremdwährungsdarlehen, unabhängig von der Restlaufzeit. 

Für Verbindlichkeiten, die Kursschwankungen unterliegen (z. B. Fremdwährungsverbindlichkeiten), ist grundsätzlich der Wert (und Währungskurs) im Zeitpunkt des Entstehens der Verbindlichkeit maßgebend. Eine voraussichtlich dauernde Erhöhung des Kurswerts liegt dann vor, wenn die zum jeweiligen Bilanzstichtag aufgetretenen Änderungen des Wechselkurses voraussichtlich dauerhaft sind. Daran fehlt es regelmäßig bei langfristigen Fremdwährungsverbindlichkeiten. Denn bei ihnen kann grundsätzlich angenommen werden, dass sich die Wertunterscheide bis zum Zeitpunkt der Darlehensrückzahlung wieder ausgeglichen haben werden.

In zwei aktuellen Urteilen beschäftigte sich der BFH mit der Frage, wann eine Währungskursänderung, die zu einer Teilwertzuschreibung bei Fremdwährungsdarlehen berechtigt, als nachhaltig einzustufen ist.

Im ersten Verfahren führt der BFH zunächst aus, dass die Frage, ob eine Veränderung des Währungskurses zum Bilanzstichtag eine voraussichtlich dauerhafte Teilwerterhöhung sei, grundsätzlich von der Laufzeit der Verbindlichkeit abhänge (BFH-Urteil vom 10.06.2021, IV R 18/18). Ist nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag die Erhöhung des Währungskurses auf eine fundamentale Änderung der wirtschaftlichen und/oder finanzpolitischen Daten zurückzuführen, kann laut BFH nicht mehr davon ausgegangen werden, dass sich die Währungsschwankungen innerhalb der Laufzeit der Verbindlichkeit ausgleichen. In einem solchen Fall liege eine voraussichtlich dauernde Erhöhung des Teilwerts vor. Dies gelte für alle Fremdwährungsdarlehen, d.h. unabhängig davon, ob es sich um ein Darlehen mit unbestimmter oder mit bestimmter Restlaufzeit handele und ob die Restlaufzeit mindestens zehn Jahre oder weniger betrage. Eine typisierende Betrachtungsweise, wonach eine voraussichtlich dauerhafte Werterhöhung bereits dann vorliege, wenn die Kursschwankung eine Grenze von 20 Prozent für den einzelnen Bilanzstichtag bzw. von jeweils 10 Prozent für zwei aufeinanderfolgende Stichtage überschreitet, lehnte der BFH dagegen ab.

Eine solche Wechselkurserhöhung infolge fundamentaler Veränderung der wirtschaftlichen und / oder finanzpolitischen Daten sah der BFH vorliegend in der europäischen Staatsschuldenkrise vor dem Bilanzstichtag 2010. Eine Teilwertzuschreibung auf das Fremdwährungsdarlehen zum 31.12.2010 sei somit gerechtfertigt. Bei der aufgrund der Schuldenkrise eingetretenen Kursänderung handelt es sich um einen wertbegründenden Umstand.

Im zweiten Verfahren hatte der Steuerpflichtige Fremdwährungsverbindlichkeiten, die auf Schweizer Franken (CHF) lauteten. Bei Einbuchung der Verbindlichkeiten stand der Kurs bei 1,55 CHF für 1 Euro. Durch ein Communiqué der Schweizerischen Notenbank (SNB) vom 06.09.2011 wurde bekannt, dass der Kurs auf 1,20 CHF für 1 Euro verändert werden sollte. Dies sollte durch Stützkäufe der SNB passieren. Der Steuerpflichtige argumentierte schließlich, dass durch dieses Communiqué und die Stützkäufe eine dauernde Werterhöhung vorliegt, die es erlaubt, eine Werterhöhung auf den Teilwert vorzunehmen. Im Ergebnis folgte der BFH mit Urteil vom 02.07.2021 (XI R 29/18) dem Steuerpflichtigen und gestattete die Erhöhung auf den höheren Teilwert. Für den BFH sprachen am Bilanzstichtag (hier 31.12.2011) mehr Gründe für die dauernde Werterhöhung als dagegen. Da die SNB durch unbegrenzte Stützkäufe in den Kursverlauf eingreift, ergibt sich dadurch eine nachhaltige Kursveränderung. Hieran schließen sich folgende Überlegungen des BFH an: Durch das bewusste Eingreifen der SNB orientiert sich der Kurs des CHF nicht am „freien Spiel der Kräfte des Markts“, sondern wird aktiv gesteuert. Dieser Fakt allein reicht für die dauernde Werterhöhung nicht aus. Erst weil die SNB mit dem Communiqué zum Ausdruck bringt, dass der angestrebte Kurs nicht mehr durch den Markt selbst zu erreichen ist und die SNB deshalb eingreift, führt zur Annahme einer dauernden Werterhöhung. Würde eine solche Erklärung der SNB bei der Darlegung einer dauernden Werterhöhung ungeachtet bleiben, würde die Darlegungslast des Steuerpflichtigen unzulässig überspannt werden.

Ebenfalls mit Datum vom selben Tag hat der BFH ein Parallelverfahren betreffend Teilwertzuschreibung bei Fremdwährungsverbindlichkeiten weitgehend inhaltsgleich entschieden (vgl. BFH-Urteil vom 10.06.2021, IV R 2/19, NV).

Der Volltext der Urteile stehen Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

Direkt zum BFH-Urteil IV R 18/18 kommen Sie hier.

Direkt zum BFH-Urteil IV R 2/19 (NV) kommen Sie hier.

Direkt zum BFH-Urteil XI R 29/18 kommen Sie hier.

 

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